Prof. Rosenberg und Da-Vinci-Operationen: Ein Experte in der Dickdarmchirurgie berichtet

18.09.2021

Hochpräzise Robotertechnik in Spezialistenhand: Prof. Dr. Robert Rosenberg zählt zu den bekannten Operateuren am roboterassistierten Da-Vinci-Operationssystem. Die Robotertechnik, die in der Prostatachirurgie längst zum Standard gehört, wird auch in der Bauchchirurgie zunehmend eingesetzt. Verantwortlich für diesen Trend ist auch der Chefarzt für Viszeralchirurgie am Kantonsspital Basel, der am Standort Liestal als ausgewiesener Spezialist über internationales Renommee verfügt. Im Gespräch mit dem Leading Medicine Guide erklärt er, was genau diese hochmoderne Operationstechnologie auszeichnet. Darüber hinaus berichtet der erfahrene Hochleistungsmediziner davon, wie es um die Heilungsprognosen steht, wenn mit dem Roboter operiert wurde.

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Leading Medicine Guide: Was genau zeichnet die Robotertechnologie Da-Vinci im Vergleich zu herkömmlichen Operationsmethoden aus?

Prof. Dr. Robert Rosenberg: Das wirklich Tolle an dieser Technologie ist die Präzision des Roboters, die eine menschliche Hand nicht erreichen kann. Der Roboter ist mit vier Armen ausgestattet, an denen verschiedene Instrumente installiert sind – auch eine Kamera. Diese Arme werden von einer externen Konsole aus gesteuert, mittels eines Joysticks. Also operiere noch immer ich als Chirurg, nicht der Roboter. Nur kann ich dabei vor dem Bildschirm sitzen, anstatt am Operationstisch zu stehen. Das Besondere an den Roboterarmen ist auch, dass sie viel beweglicher sind als die menschliche Hand. So ist es möglich, Drehungen bis zu 360 Grad vorzunehmen, wodurch auf engstem Raum hochpräzise Schnitte und Methoden angewendet werden können. Hinzu kommt, dass die Kamera ein gestochen scharfes Bild des Bauchraums in zehnfacher Vergrößerung auf den Bildschirm der Konsole projiziert. Der Roboter ist ein tolles System, das die chirurgische Arbeit unterstützt und erleichtert.

Leading Medicine Guide: Was für eine Innovation! Wie ist diese Technologie denn historisch gewachsen?

Prof. Dr. Robert Rosenberg: Es war die Urologie, die diese Technologie historisch großgemacht hat. Aus der Prostatachirurgie kann man den Roboter heute gar nicht mehr wegdenken, das gilt mittlerweile als Standard. Denn durch die präzise Präparation können Nervenfasern besonders geschont werden, so jedenfalls die gängige wissenschaftliche Meinung. Über die Jahre wurde der Roboter dann auch in der Gynäkologie und in der Bauchchirurgie vermehrt eingesetzt.

Leading Medicine Guide: Und wie ging es dann weiter?

Prof. Dr. Robert Rosenberg: Die Technologie wurde laufend optimiert und weiterentwickelt. Davor waren Eingriffe in der Bauchchirurgie schwieriger. Sie müssen sich das so vorstellen: Bei einer Darmoperation müssen wir vom linken Oberbauch in den linken Unterbauch bis ins kleine Becken vordringen. Da muss man die Roboterarme schon sehr viel bewegen. Inzwischen wurden die Roboterarme immer schlanker, auch die Beweglichkeit hat sich enorm verbessert. Somit haben wir mit dem Da-Vinci-Roboter auch für die Bauchchirurgie ein hervorragendes Instrument. Und das nicht nur bei uns in Basel: Es werden weltweit vermehrt bauchchirurgische Eingriffe mit der Robotertechnologie durchgeführt.

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Leading Medicine Guide: Wie sieht das bei Ihnen in der Klinik aus?

Prof. Dr. Robert Rosenberg: Bei uns kommt der Roboter bereits seit fünf Jahren zum Einsatz. Gerade wechseln wir auf das neueste Modell, wir führen derzeit rund hundert Roboter-Operationen im Jahr durch. Dabei handelt es sich vorwiegend um Darm- und Hernienoperationen beziehungsweise Zwerchfellbrüche. Das sind im Moment die drei wesentlichen Gebiete – und die Ergebnisse sind allesamt sehr gut.

Leading Medicine Guide: Gibt es da manchmal Widerstände seitens der Patientinnen und Patienten, die Bedenken haben, sich mit einem Roboter operieren zu lassen?

Prof. Dr. Robert Rosenberg: Das ist interessanterweise gar nicht der Fall. Es gibt zwar wenige Patientinnen und Patienten, die selbst nachfragen, aber das hängt wohl eher damit zusammen, dass die Operationsmethode wenig bekannt ist. Wenn wir die Methode beim Aufklärungsgespräch erläutern, ist das Interesse bei den Betroffenen gleich sehr groß. Erfeulicherweise hatten wir bislang auch noch keine negative Erfahrung mit dem Robotersystem, wir können es also auf jeden Fall empfehlen.

Leading Medicine Guide: Durch die schlankeren Arme des Roboters und eine minimal-invasivere Operationsmethode verbessern sich auch die Heilungsprognosen, oder?

Prof. Dr. Robert Rosenberg: Ja, so ist die Theorie und meine Überzeugung. Dies eindeutig zu messen, ist allerdings sehr schwierig. Klar ist, dass bereits der minimal-invasive Eingriff viel schonender als ein großer Bauchschnitt ist. Für die Robotertechnologie spricht – im Vergleich zu minimal-invasiven beziehungsweise laporoskopischen Operation – die bessere Übersicht und der vereinfachte Zugang. Auch das Nähen ist deutlich einfacher mit dem Roboter. In wissenschaftlichen Studien ließ sich bislang aber noch nicht belegen, dass es eine signifikant verbesserte Heilungsprognose durch den Einsatz der Robotertechnologie gibt. Wir haben aber den Eindruck, dass sich die Patientinnen und Patienten, die mit dem Da-Vinci-Roboter operiert wurden, nochmal ein Stück rascher erholen. Allerdings lassen sich die Unterschiede wissenschaftlich noch nicht messen, zumal wir auch mit der herkömmlichen minimal-invasiven Technik bereits hervorragende Ergebnisse erzielen.

Leading Medicine Guide: Wie ist das, wenn man an solchen bedeutenden Innovationen der Hochleistungsmedizin direkt beteiligt ist?

Prof. Dr. Robert Rosenberg: Für mich als Chefarzt eines größeren Kantonsspitals ist es wichtig, dass wir Chirurginnen und Chirurgen an diesen Innovationen teilhaben können und dass wir uns mit den neuesten Technologien weiterentwickeln. Das kommt unseren Patientinnen und Patienten zugute, die davon profitieren, dass wir uns auf dem neuesten Wissensstand befinden. Denn Robotersysteme werden sich auch in den kommenden Jahren stetig weiterentwickeln und immer mehr Einzug in die Medizin halten.

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Leading Medicine Guide: Gibt es weitere Innovationen auf dem Gebiet der Darmchirurgie, die schon Eingang in Ihre Arbeitspraxis finden?

Prof. Dr. Robert Rosenberg: Was hervorragend ist und unsere Ergebnisse noch weiter verbessert hat, ist die innovative Überprüfung der Anastomosendurchblutung mittels eines Fluoreszenzfarbstoffs während der Operation. Und zwar funktioniert diese so: Wenn Sie ein Stück Darm entfernen, müssen die beiden Darmenden gut miteinander verbunden werden, damit die Darmfunktion wieder hergestellt ist. Dafür wird eine sogenannte Anastomose durchgeführt, also eine Darmverbindung. Hier ist darauf zu achten, dass die Durchblutung bis in die letzten Spitzen sichergestellt ist.

Leading Medicine Guide: Und wie dürfen wir uns das vorstellen?

Prof. Dr. Robert Rosenberg: Hier gibt es seit einigen Jahren die Methode von PINPOINT: Das ist ein Gerät, das einen Fluoreszenzfarbstoff verwendet, nämlich ICG, das steht für Indocyanin-Grün. Wenn ich also zwei Darmenden habe, die ich verbinden will, dann spritzt die Anästhesistin oder der Anästhesistin ICG intravenös. Wir verdunkeln dazu den Raum und haben eine spezielle Laserkamera. Damit sehen wir, wo sich der Darm überall grün färbt. Und wenn die Färbung an bestimmten Stellen fehlt, dann weiß ich, dass ich hier noch ein Stück wegnehmen muss. Diese Anwendung hat die Ergebnisse in der Darmchirurgie in den letzten Jahren nochmals deutlich verbessert.

Leading Medicine Guide: Herzlichen Dank für das spannende und aufschlussreiche Gespräch, Herr Prof. Dr. Rosenberg!

Prof. Dr. med. Robert Rosenberg FACS, EMBA ist ein hochspezialisierter Tumor- und Viszeralchirurg, der als Chefarzt für Viszeralchirurgie auch das renommierte Darmkrebszentrum am Kantonsspital Basel leitet. Als zertifizierter Senior-Darmoperateur verfügt er über einen internationalen Ruf mit herausragender diagnostischer und therapeutischer Expertise. Das Chirurgie-Team bietet in Liestal das gesamte Spektrum der Viszeralchirurgie in offener, laparoskopischer – also der minimal-invasiven Schlüssellochtechnik – sowie roboterassistierter Operationstechnik an. Mehr über das Kantonsspital Baselland Standort Liestal und Professor Dr. Robert Rosenberg erfahren Sie auf der Profilseite im Leading Medicine Guide.

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