Assistenzarzt „Dr. Robot“: Prof. Caversaccio bringt das Gehör zurück

29.11.2021
Matthias Kühn
Redakteur

In den letzten Jahren machte die Medizin teils erstaunliche Fortschritte – etwa auf dem Gebiet der computerunterstützten Operationen. Auch in der Hals-, Nasen- und Ohren-Heilkunde gibt es Spezialisten, die diese hochmoderne Technik nutzen: Prof. Dr. med. Marco Domenico Caversaccio, der sich am Inselspital Bern eigentlich auf besonders komplexe Tumore im Hals und im Kopf spezialisiert hat, konnte so bereits vielen Gehörlosen ihren verlorenen Sinn zurückgeben. Dem Leading Medicine Guide erklärte er ausführlich, was es damit auf sich hat. 

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Als Klinikdirektor und Chefarzt leitet Prof. Caversaccio die Universitätsklinik für HNO, Kopf- und Halschirurgie am Inselspital, zudem ist er Vizedirektor des ARTORG-Zentrums für Biomedizinische Forschung an der Universität Bern. Dieses international angesehene Zentrum gibt schon einen kleinen Hinweis darauf, womit sich der HNO-Spezialist bereits seit längerer Zeit intensiv beschäftigt. Denn im ARTORG-Zentrum werden – wie im Inselspital – die Weichen für die Zukunft gestellt. Dort wird mit Künstlicher Intelligenz experimentiert. Kein Wunder also, dass Prof. Caversaccio neueste Robotertechnik einsetzt. Mehr noch: Durch seine frühe Konzentration auf die technische Entwicklung verfügt er längst über eine immense Erfahrung. So hat er auch von Anfang an Standards gesetzt, als es um besonders innovative Robotertechnologie im Fachbereich der HNO ging.

Leading Medicine Guide: Herr Professor Caversacciao, war Ihnen schnell klar, dass gerade der HNO-Bereich so enorm von der unterstützenden Robotertechnik profitiert?

Prof Dr. med. Caversaccio: Das liegt auf der Hand, gerade weil wir HNO-Ärzte es mit den kleinsten Knochen im menschlichen Körper zu tun haben und weil von uns sowieso ein gewaltiges handwerkliches Geschick verlangt wird. Es geht hier um wichtige Sinnesorgane – und weil etwa es in erster Linie die Fähigkeit des Hörens ist, die Menschen am sozialen Leben teilnehmen lassen. Wer nun diese Fähigkeit verloren hat, besaß noch vor kurzem wenig Hoffnung, dass sich der Zustand jemals wieder ändern würde. Aber da die Medizin so enorme Fortschritte macht, gelten heute andere Maßstäbe: Es ist uns bereits häufig gelungen, Gehörlosen die Fähigkeit zurückzugeben, wieder zu hören – und zwar so, dass das soziale Leben nahezu ungestört gelingen kann.

Leading Medicine Guide: Wie lässt sich die Erfolgsquote beschreiben?

Prof Dr. med. Caversaccio: Sicher: immer klappt es auch mit „Dr. Robot" nicht. Aber wenn es denkbar ist, Hörverlust bis hin zur völligen Taubheit wieder auszugleichen, dann lassen wir nichts unversucht. Dabei setzen wir auf hochmoderne, völlig neu entwickelte Hörprothesen – zum Beispiel auf Cochlea-Implantate, die erfolgreich im Ohr einsetzt werden können. Vor allem ältere Patienten, die etwa durch Krankheiten nahezu taub geworden waren, dürfen sich so plötzlich über eine wiedergewonnene Hörfähigkeit freuen.

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Leading Medicine Guide: Wie genau aber funktioniert das mit dem Roboter, in den so viele Patienten große Hoffnung setzen?

Prof Dr. med. Caversaccio: Nun: Der Weg zur Cochlea – also der Hörschnecke – ist sehr schmal. Um auf diesem schmalen Weg ins Ohrinnere mit Präzision ans Ziel zu kommen, braucht man neben enormem Fingerspitzengefühl und einer weit überdurchschnittlichen ruhigen Hand auch entsprechende Technologie, die den Weg dorthin ebnet. So können wir – mit technischer Hilfe – zielsicher die Elektrode am Eingang der Hörmuschel einsetzen. Die Idee, mit Implantaten Hörverluste auszugleichen, ist bei weitem nicht neu. Bereits in den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts wurden erste Implantate ins Ohr gesetzt. Die allerdings mussten Umwege nehmen, etwa über den Schädelknochen. Und das war immer mit einem hohen Risiko verbunden.

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Leading Medicine Guide: Also haben sich die Zeiten in wenigen Jahrzehnten sehr geändert. Wie genau?

Prof Dr. med. Caversaccio: Mithilfe des Roboters wird ein nicht einmal zwei Milimeter breiter Kanal gebohrt, der am Geschmacks- und Gesichtsnerv vorbeiführt und bis zum Eingang der Hörschnecke reicht. Am Ende dieses Tunnels wird dann das Implantat eingesetzt, das exakt die errechneten elektronischen Signale auf die Cochlea überträgt. Die Ergebnisse verblüffen selbst uns immer wieder.

Leading Medicine Guide: Ist die Entwicklung bereits abgeschlossen oder gibt es noch neue Ziele?

Prof Dr. med. Caversaccio: Die Zahl an Cochlea-Implantaten, die ich bisher eingesetzt habe, ist inzwischen dreistellig. Mein Ziel ist es, irgendwann mit der Hilfe von „Dr. Robot" auch ambulante Eingriffe vornehmen zu können. Dann könnten Patienten, die morgens behandelt wurden, abends schon wieder die Klinik verlassen. Mit einem gravierenden Unterschied: sie hören!

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Herr Professor Caversaccio, wir danken Ihnen für das interessante Gespräch!

Die Expertise des renommierten Facharztes hat sich inzwischen natürlich herumgesprochen. So kommen Patienten aus aller Welt nach Bern, um von der Kompetenz des Professors zu profitieren. Die geht über die Implantate und Tumoroperationen an Hals und Kopf weit hinaus – und umfasst etwa auch Kehlkopfoperationen, bei denen höchstes Augenmerk darauf gelegt wird, die Stimme und also die Sprechfähigkeit zu erhalten. Auch hier setzt Prof. Dr. med. Marco Domenico Caversaccio auf die Unterstützung, die ihn in der Fachwelt bekannt gemacht hat: auf computerassistierte Eingriffe. Haben Sie Fragen oder möchten direkt Kontakt zum Arzt aufnehmen? Dann besuchen Sie seine Profilseite im Expertenportal Leading Medicine Guide!

 

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