Glaskörpererkrankung - Medizinische Experten

25.01.2024
Prof. Dr. med. Siegfried Priglinger
Medizinischer Fachautor

Der Glaskörper ist ein fester Bestandteil des Auges, der die gesamte Hinterkammer des Auges ausfüllt. Durch normale Alterungsprozesse, degenerative Veränderungen, Entzündungen oder auch Blutungen kann es zu verschiedenen Veränderungen und Erkrankungen des Glaskörpers kommen.

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ICD-Codes für diese Krankheit: H43

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Artikelübersicht

Definition und Aufbau des Glaskörpers

Der Glaskörper (Corpus vitreum) ist bei allen Wirbeltieren fester Bestandteil des Auges. Er füllt die gesamte Hinterkammer des Auges aus und ist für die Erhaltung der Augapfel-Form zuständig.

Anatomie des AugesDer Aufbau des Auges @ bilderzwerg /AdobeStock

Im Inneren des Auges liegt der Glaskörper (Corpus vitreum), der eine kugelförmige und durchsichtige Struktur hat. Vorne grenzt ihn die Linse, hinten die Netzhaut (Retina) ein. Er befindet sich in der hinteren Augenkammer (Hinterkammer).

Der Glaskörper besteht zu 98 Prozent aus Wasser und hat eine geleeartige Konsistenz. Die Masse enthält weder Nerven noch Blutgefäße. Klinisch können Ärzte manchmal einen verkümmerten Rest der embryonalen Arterie feststellen.

Dieses Blutgefäß transportiert in der Embryonalphase alle Substanzen in den Augapfel, die für die Entwicklung des Auges nötig sind. Erst gegen Ende der embryonalen Entwicklung bildet sich die Arteria hyaloidea zurück. Sie bleibt als Cloquet-Kanal bis zum Ende des Lebens im Glaskörper erhalten.

Funktion des Glaskörpers

Nachdem das Auge Lichtstrahlen an Hornhaut (Cornea) und Linse entsprechend des Einfallswinkels bricht und bündelt, durchqueren sie den Glaskörper. Die Lichtstrahlen fallen dann auf die Netzhaut, die hinter dem Glaskörper liegt und Fotorezeptoren hat.

Diese Rezeptoren wandeln die Lichtreize in elektrische Signale um. Hier beginnt eine sehr komplexe Signalkaskade, die bis zum zentralen Nervensystem reicht. Das Gehirn interpretiert die Signale anschließend als Bilder.

Eine wichtige Voraussetzung für die ungehinderte Einstrahlung der Lichtstrahlen auf die Netzhaut ist die Transparenz des Glaskörpers.

Erkrankungen des Glaskörpers

Durch unterschiedliche Prozesse kann es zu Veränderungen des Glaskörpers kommen.

Diese sind beispielsweise:

  • Normale Alterungsprozesse
  • Degenerative Veränderungen bei Kurzsichtigkeit
  • Entzündungen
  • Blutungen

Um eine Erkrankung zu diagnostizieren, ist eine medikamentöse Erweiterung der Pupille notwendig. Dadurch kann der Augenarzt mit einer Lupe oder einem Kontaktglas die Glaskörper- und Netzhaut Aderhaut-Strukturen untersuchen. Da mit einer weiten Pupille das Autofahren verboten ist, sollten Sie den Augenarzt  immer ohne Auto aufsuchen.

Trübungen des Glaskörpers und „Mückensehen“

Lästige, aber einfache Trübungen des Glaskörpers brauchen oft keine Therapie, da diese Trübungen innerhalb des Glaskörpers absacken. Betroffene nehmen sie meist nicht mehr wahr. Sie haben keine Auswirkung auf die Sehfähigkeit.

Andere Ursachen wie Netzhautrisse, Entzündungen, Glaskörperblutungen benötigen eine Therapie. Nur in seltenen Fällen ist die operative Entfernung des Glaskörpers (Vitrektomie) notwendig.

Die Mehrzahl der physiologischen und krankhaften Veränderungen am Glaskörper kennzeichnen sich durch das Flocken- bzw. Mückensehen.I

Floaters„Mückensehen“ der Augen

Diese Trübungen äußern sich durch grau-durchsichtige und undeutliche Doppelkonturen, die langsam umher gleiten und sich mit dem Blick mitbewegen.

Umgangssprachlich heißen sie auch Mouches volantes (fliegende Mücken), die eigentlich nur ein Teil der Glaskörpertrübungen sind. Die Trübungen sind beim Blick auf helle Bereiche (weiße Wand, Himmel) deutlicher zu sehen.

Die Sehschärfe leidet nicht darunter. Fast alle Patienten fühlen sich zwar anfangs gestört, lernen aber im Laufe der Zeit damit zu leben.

Trübungen des Glaskörpers sind in der Regel harmlos und kommen bei vielen Menschen vor. Ein besonderer Krankheitswert liegt nicht vor, weshalb sie keine Behandlung benötigen.

Sollten sich die Patienten zu sehr gestört fühlen, kann eine Laserbehandlung helfen. Selten ist eine operative Entfernung des Glaskörpers notwendig.

Der Arzt sollte vor dem Eingriff gemeinsam mit dem Patient Risiko und Nutzen gut abwiegen. Vermindert sich die Sehschärfe deutlich, oder ist die Situation für den Patienten belastend, kann so ein Eingriff sinnvoll sein.

Generell gilt: Alle Unklarheiten, die bei einer Trübung des Glaskörpers vorliegen, sollten Sie von einem Arzt untersuchen lassen. Dieser kann schwerwiegende Erkrankungen ausschließen und eine entsprechende Therapie verordnen.

Glaskörperabhebung mit Netzhauttraktion

Im Laufe des Lebens löst sich der Glaskörper von der Netzhaut ab. Diesen Vorgang bezeichnen Mediziner als Glaskörperabhebung. Ursache ist eine zunehmende Verflüssigung des Glaskörpers, gefolgt von einer konsekutiven Abhebung von der Netzhaut. Die Glaskörperabhebung ist ein altersbedingter Prozess, den alle Menschen betreffen. Normalerweise sind keine schweren Komplikationen zu erwarten.

Durch die Abhebung verlagert sich die hintere Grenzmembran des Glaskörpers vor die Netzhaut. Dadurch werden Trübungen an dieser Grenzmembran sichtbar.

Diese und jene, die durch Verdichtung des zentralen Glaskörpers entstehen, nehmen Betroffene als ring- oder schlangenförmige Linien wahr. Daher bezeichnen Experten sie auch als fliegende Mücken. Bei Augenbewegungen bewegen sich diese Mücken mit.

Eine Begleiterscheinungen der Glaskörperabhebung können sein:

  • Ein starker Netzhaut-Zug mit Einreißen der Netzhaut (Lochbildung)
  • Ablösung der Netzhaut

Dies ist ein absoluter Notfall, den Ärzte meist innerhalb von wenigen Stunden behandeln müssen. Wird eine abgelöste Netzhaut nicht wieder operativ angelegt, führt dies zur Erblindung. 

NetzhautablösungBei der Netzhautablösung ist eine rasche Behandlung wichtig @ bilderzwerg /AdobeStock

Glaskörpertrübungen, die mit vielen schwarzen Punkten einhergehen, sowie das Sehen von Blitzen können die ersten Anzeichen für eine Netzhautablösung sein. 

In diesem Fall sollten Sie umgehend einen Augenarzt oder eine Augenklinik aufsuchen. Schreitet die Netzhautablösung fort, kommt es zu einem schwarzen Schatten, der von außen bis zur Mitte des Gesichtsfelds wandert. 

Im weiteren Verlauf kommt es zur Erblindung auf dem betroffenen Auge. Differentialdiagnostisch kann bei plötzlich auftretenden schwarzen Punkten oder auch Schlieren eine Blutung im Glaskörper vorliegen.

In etwa 30 bis 40 Prozent liegt bei einer Glaskörperblutung auch ein Defekt der Netzhaut vor.

Glaskörperblutung

Kleine Blutungen im Glaskörper können durch unterschiedliche Ursachen hervorgerufen werden, wie etwa:

Eine Glaskörperblutung kann auch während einer Subarachnoidalblutung entstehen (Terson-Syndrom).

Je nach Größe der Blutung kann sich diese als Ascheregen bemerkbar machen.

Glaskörperdestruktion

Bei der Glaskörperdestruktion (Zerstörung des Glaskörpers) handelt es sich um einen altersbedingten Prozess, bei dem sich der Glaskörper verflüssigt. Dabei kommt es zu einer Entmischung der flüssigen und faserigen Komponenten des Glaskörpers. In der Folge kann es zu Trübungen des Glaskörpers kommen, die Betroffene als lästige fliegende Mücken wahrnehmen.

Glaskörperentzündung

Die Glaskörperentzündung (Vitritis) kann sowohl chronisch als auch akut auftreten. Die Entzündung des Glaskörpers ist aufgrund seiner Struktur und Gefäßversorgung eher selten, aber nicht unmöglich. Die schlimmste Form der Entzündung ist die Endophthalmitis, bei der auch andere Teile des Augeninneren betroffen sind.

Als Ursache für die Glaskörperentzündung kommen Bakterien, Viren und Pilze in Frage: 

Diese können folgendermaßen in den Glaskörper gelangen:

  • Durch äußerer Einwirkung 
  • Durch chirurgische Eingriffe

Patienten, bei denen keine nennenswerte Grunderkrankung vorliegt, leiden in der Regel an der bakteriellen Glaskörperentzündung. Patienten mit Immunschwäche (AIDS-Patienten, Patienten mit Tumoren, Patienten nach einer Organtransplantation) können auch pilzbedingte Glaskörperentzündung (Candida-Spezies) vorkommen.

Neben den direkten Übertragungswegen kann es auch zu einer indirekten Übertragung (Sepsis) kommen.

In Abhängigkeit von Erregerart und Immunsystem des Patienten sprechen Mediziner von einer akuten, subakuten oder chronischen Glaskörperentzündung

Eine akute Glaskörperentzündung äußert sich beim Patienten meist durch dumpfe Schmerzen im Auge. Schmerzmittel können diese Schmerzen in der Regel nicht unterdrücken. Bei der Entzündung des Glaskörpers ist außerdem die Bindehaut stark gerötet.

Die chronische Glaskörperentzündung verläuft in der Regel weniger stark.

Der Arzt behandelt die Erkrankung anhand der Ursache. Ist die Entzündung des Glaskörpers auf bestimmte Erreger zurückzuführen, erfolgt die Behandlung nach einem Antibiogramm.

Synchisis scintillans

Bei der Synchisis scintillans (Funkensehen, Spintheropie, Danziger Goldwasser) kommt es im Glaskörper zur Einlagerung von Cholesterinkristallen

Neben Cholesterineinlagerungen können die Aminosäuren Tyrosin und Leucin sowie Kalziumphosphat Kristalle im Glaskörper bilden. Diese führen zu dieser seitenungleichen Erkrankung.

Leicht zu verwechseln sind die Synchisis scintillans und die asteroiden Hyalose. Eine Synchisis scintillans tritt gelegentlich nach Blutungen oder Entzündungen des Glaskörpers auf. In den meisten Fällen ist die Ursache jedoch unbekannt.

Persistierender hyperplastischer primärer Glaskörper (PHPV)

Der Begriff PHPV (persistierender hyperplastischer primärer Glaskörper) bezeichnet eine angeborene Fehlbildung. Hierbei hat sich der embryonale primäre Glaskörper nicht zurückgebildet. Daher sprechen Experten bei diesem Phänomen von einer Entwicklungsstörung. Es handelt sich jedoch um eine sehr seltene Störung.

Es gibt zwei unterschiedliche Formen des PHPV:

  • Die vordere PHPV
  • Die hintere PHPV

Bei der hinteren Form des PHPV bleibt das embryonale Gewebe im posterioren Bereich bestehen.

Bei der vorderen Form des PHPV bildet sich eine Bindegewebsplatte aus, die eine weißliche Farbe besitzt. Diese liegt hinter der Pupille, wodurch Betroffene eine weiße Pupille wahrnehmen (amaurotisches Katzenauge). 

Es kommt zu Veränderungen der Linse. Auch Fettgewebe und Knorpel bilden sich dann im Bereich der Linse.

Bei der hinteren PHPV kann es zu einem Verlust der Sehstärke kommen. Diese ist von der Stärke der Netzhautablösung abhängig. Bei der vorderen PHPV kann sich die Linse zu einer getrübten Membran entwickeln.

Der Sehverlust ist bei einem persistierenden hyperplastischen primären Glaskörper oft nicht zu verhindern. Trotz operativem Eingriff können Ärzte oft nur das Auge erhalten.

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