Rheumaorthopädie | Spezialisten und Informationen

Die Rheumaorthopädie ist ein wesentlicher Bestandteil in der Behandlung entzündlich-rheumatischer Gelenkerkrankungen. Der Rheumaorthopäde führt in enger Kooperation mit dem internistischen Rheumatologen operative und konservative Therapien zum Gelenkerhalt und zur Beseitigung von Entzündungsgewebe durch. Die Operationen dienen der Funktionsverbesserung und gebieten der Gelenkzerstörung Einhalt. Bei zerstörten Gelenken bleibt manchmal nur der künstliche Ersatz.

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Rheumaorthopädie - Weitere Informationen

Was ist Rheuma und wie sieht die Behandlung in der Rheumaorthopädie aus?

Der Begriff Rheuma bezeichnet viele verschiedene entzündliche Bindegewebs- und Gelenkerkrankungen. Man unterteilt sie in:

  • Rheumatoide Arthritis (Chronische Polyarthritis)
  • Spondylarthropathien (Gelenkentzündungen mit häufiger Beteiligung der Wirbelsäule)
  • Entzündliche Bindegewebserkrankungen
  • Entzündliche Gefäßerkrankungen
  • Stoffwechselstörungen mit entzündlicher Gelenkbeteiligung (z.B. Gicht)

Es handelt sich also um Krankheitsbilder mit sehr unterschiedlicher Symptomatik und verschiedenen Verlaufsformen. Nicht alle manifestieren sich an den Gelenken und führen zu Gelenkzerstörungen.

Deshalb werden nur rheumatische Erkrankungen mit Gelenkbeteiligung operativ durch den Rheumaorthopäden behandelt. Am häufigsten geben entzündliche Veränderungen bei Rheumatoider Arthritis Anlass zur operativen Therapie. Angezeigt sind derartige Therapien aber auch bei Spondylarthropathien und bei Stoffwechselstörungen mit entzündlicher Gelenkbeteiligung.

In enger Zusammenarbeit mit dem internistischen Rheumatologen setzt der Rheumaorthopäde aber auch die medikamentöse Therapie fort und leitet physiotherapeutische Behandlungen, Ergotherapie und Hilfsmittelversorgungen ein.

Finden sich nach Ausschöpfung nicht operativer (konservativer) Therapien noch Gelenkentzündungen, so ist eine operative Behandlung angezeigt. Operative Maßnahmen sind auch umgehend angezeigt, wenn die Gefahr eines Sehnenrisses, einer Nervendruckschädigung oder einer akuten Instabilität eines Gelenks besteht.

Was macht der Rheumaorthopäde?

Wenn trotz konservativer Therapien Gelenk- oder Sehnenentzündungen bleiben, besteht zunächst die Möglichkeit, das Entzündungsgewebe operativ zu entfernen, das heißt, eine Synovektomie/Tenosynovektomie (Entfernung entzündlicher Gelenkschleimhaut/Sehnenscheiden) durchzuführen. Die Synovektomie ist jedoch nur noch sinnvoll, wenn es noch nicht zu erheblichen Zerstörungen des Gelenkes gekommen ist. Dabei helfen röntgenologische Klassifikationen, um den Zerstörungsgrad abzuschätzen.

Es werden deshalb in der Rheumaorthopädie gelenkerhaltende und gelenkersetzende Operationen unterschieden:

Gelenkerhaltende Operationen:

  • Synovektomien: arthroskopisch oder offene Synovektomie der Gelenke und Sehnenscheiden
  • Teilversteifungen von Gelenken

Gelenkersetzende Operationen:

  • Implantation von künstlichen Gelenkendoprothesen (Endoprothetik)
  • Ersatz eines Gelenkes durch körpereigenes Material
  • Versteifungen von Gelenken

Gelenkerhaltende Operationen im Rahmen der Rheumaorthopädie

Sofern eine Synovektomie noch indiziert ist, gibt es je nach Lokalisation verschiedene Verfahren:

Arthroskopische Synovektomie

Bei Gelenken, die eine große Gelenkhöhle aufweisen, gelingt es problemlos, mittels einer Arthroskopie (Gelenkspiegelung) die Gelenkschleimhaut zu entfernen. Am häufigsten wird eine arthroskopische Synovektomie am Kniegelenk durchgeführt.

Durch mehrere Zugänge gelingt es, alle Bereiche des Gelenkes weitgehend vollständig zu synovektomieren. Vergessen werden darf nicht, dass über einen zusätzlichen Zugang auch die Kniekehlenabschnitte des Gelenks synovektomiert werden.

Ähnlich gut gelingt die arthroskopische Synovektomie auch an Schulter-, Sprung- und Ellenbogengelenken. Für alle Gelenke gelten individuelle Besonderheiten.

Wichtig ist für alle Gelenke, dass die entzündete Gelenkschleimhaut entsprechend sorgfältig und umfassend entfernt wird. Am Schultergelenk ist es außerdem erforderlich, auch den Schleimbeutel unter dem Schulterdach arthroskopisch zu entfernen, da dieser in aller Regel auch entzündlich verändert ist und zu Beschwerden und Schäden an der Rotatorenmanschette (Sehnenmanschette der Schulter) führt.

Offene Synovektomie der Gelenke und Sehnenscheiden

Kleinere Gelenke, wie das Handgelenk, werden wegen des kleinen Gelenkraumes meistens mittels einer offenen Synovektomie, also durch die Freilegung des Gelenks mittels eines großen Gewebeschnittes, von Entzündungsgewebe befreit. Das bietet den Vorteil, auch die darüber liegenden Strecksehnen beurteilen zu können und ggf. auch zu synovektomieren. Durch Kapselverstärkungen mit körpereigenen Bändern lässt sich das Handgelenk wieder stabilisieren.

Bei Zerstörung des handgelenknahen Gelenkes zwischen Elle und Speiche mit funktioneller Einschränkung der Unterarmdrehfähigkeit kann das Ellenköpfchen entfernt werden. Durch gleichzeitige Verstärkung der Gelenkkapsel kann jedoch wieder eine schmerzfreie Unterarmdrehung erreicht werden.

Seltener ergibt sich die Indikation zur operativen Synovektomie an den Finger- und Fußgelenken. Als konkurrierendes Verfahren kann durch Injektionen von Kortison oder radioaktiven Substanzen (Radiosynoviorthese (RSO)) eine Reduktion von Entzündungsgewebe in den behandelten Gelenken erreicht werden.

Finden sich entzündete Sehnenscheiden im Bereich der Hand und Finger, des Handgelenkes oder des Fußes, so kann eine Synovektomie nur offen über einen längeren Hautschnitt erfolgen.

Bei diesen sog. Tenosynovektomien erfolgen neben der Entfernung des Entzündungsgewebes auch Nähte und Rekonstruktionen der Sehnen und Wiederherstellungen eines funktionellen Gleitkanals für die Sehnen. Mit den Sehnen verlaufende Nerven müssen ggf. druckentlastet und freipräpariert werden (z.B. Tenosynovektomie der Beugesehnen im Hohlhandkanal und gleichzeitige Druckentlastung des Medianusnerven bei einem sog. Karpaltunnelsyndrom).

Teilversteifungen von Gelenken

Ist die Zerstörung von Gelenken mit Gefahr einer zunehmenden Instabilität weit fortgeschritten, reicht eine alleinige Synovektomie nicht mehr aus. In diesen Fällen kann eine Synovektomie in Kombination mit einer Versteifung eines Teilgelenks das Entzündungsgewebe beseitigen, das Gelenk langfristig stabilisieren und noch eine gute Funktion erhalten.

Beispielhaft ist hier die Teilversteifung des Handgelenkes zu nennen. Dabei wird am häufigsten eine Versteifung zwischen Speiche und Mondbein durchgeführt. Es gibt aber auch andere Teilversteifungen am Handgelenk. Weitere Teilversteifungen können auch im Bereich der Fußwurzelgelenke mit nur geringer resultierender Funktionseinschränkung durchgeführt werden.

Gelenkersetzende Operationen im Rahmen der Rheumaorthopädie

Sind Gelenke durch entzündlich-rheumatische Prozesse erst einmal zerstört, bleibt nur der Gelenkersatz (Endoprothetik) oder eine versteifende Operation.

Implantation von künstlichen Gelenkendoprothesen

Gelenke können durch künstliche Endoprothesen ersetzt werden. Bekannt ist dieser Gelenkersatz bei Hüft- und Kniegelenken. Diese Gelenke können auch mit Erfolg bei einem Rheumapatienten ersetzt werden.

Beim Rheumatiker sind aber häufig auch andere Gelenke betroffen. So müssen manchmal Schulter-, Ellenbogen-, Finger- oder Sprunggelenke ersetzt werden. Der Ersatz dieser Gelenke verspricht insbesondere bei rheumatischen Erkrankungen eine Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung. Dadurch kann oft die Selbständigkeit des Betroffenen erhalten bleiben.

Ersatz eines Gelenkes durch körpereigenes Material

Andere Gelenke sind bei arthritischer Zerstörung besser durch eigenes Sehnen- und Kapselgewebe zu ersetzen. Gelenke wie das Daumensattelgelenk, das Schultereckgelenk und die Zehengrundgelenke sind besser durch eine sog. Resektionsinterpositionsarthroplastik (RIAP) zu ersetzen. Bei der RIAP werden die Gelenkflächen einschließlich der gelenknahen Knochenenden entfernt und Sehnen- sowie Gelenkkapselgewebe in den Gelenkspalt eingenäht. Dadurch entsteht ein bindegewebiges Narbenpolster, mit dem wieder eine schmerzfreie Beweglichkeit des Gelenkes erreicht werden kann.

Versteifungen von Gelenken

Wenige Gelenke eignen sich bei entzündlicher Zerstörung besser zur Versteifung. So führt die Versteifung eines zerstörten, instabilen Handgelenkes zu einer schmerzfreien Funktionsverbesserung. Die Beugung und Streckung sind zwar nicht mehr möglich; festes Zufassen und Halten sowie die wichtige Unterarmdrehung gelingen aber wieder problemlos. Ähnlich gute Ergebnisse nach Versteifung zeigen das Daumengrund-, untere Sprung- und Großzehengrundgelenk.

Therapeutisches Gesamtkonzept der Rheumaorthopädie

Wie eingangs erwähnt muss die Therapie im Rahmen der Rheumaorthopädie in ein Gesamtkonzept aus medikamentöser-, physikalischer-, krankengymnastischer- und ergotherapeutischer Behandlung integriert werden. Nach operativer Therapie ist neben der Wundversorgung die Wiedererlangung der Mobilität und Funktion des betroffenen Gelenkes vorrangiges Ziel der Behandlung. Physikalische Maßnahmen zur Abschwellung und der Erhalt der Mobilität benachbarter Gelenke von Versteifungen stehen im Vordergrund.

Vergessen werden darf nicht, dass es sich bei rheumatisch-entzündlichen Erkrankungen um systemische Krankheitsbilder handelt. Insofern muss physiotherapeutisch der Erhalt der Funktion, Beweglichkeit und Kraft des gesamten Bewegungsapparates im Therapieplan Beachtung finden.

Die Rheumaorthopädie ist somit viel mehr als nur die operative Behandlung eines Gelenks!

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