Dysmelie: Spezialisten und Informationen

17.04.2023
Leading Medicine Guide Redaktion
Autor des Fachartikels
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Kommt ein Kind mit fehlentwickelten oder fehlenden Gliedmaßen auf die Welt, spricht man von einer Dysmelie. Dysmelie entsteht während der Schwangerschaft bei der Entwicklung des Babys und ist damit eine angeborene Fehlbildung. Ursachen sind entweder erbliche Faktoren oder äußere Einflüsse während der Schwangerschaft.

Informieren Sie sich hier zu den Hintergründen, verschiedenen Varianten und Behandlungsmöglichkeiten der Dysmelie. Außerdem finden Sie hier ausgewählte Dysmelie-Spezialisten.

ICD-Codes für diese Krankheit: Q73.8

Empfohlene Dysmelie-Spezialisten

Artikelübersicht

Was ist eine Dysmelie?

Dysmelie (ICD-Code Q73.8) ist die medizinische Bezeichnung für angeborene Fehlbildungen der

  • Arme,
  • Beine,
  • Hände,
  • Finger oder
  • Füße.

Dysmeldie kann in verschiedenen Ausprägungen auftreten. Bei geringer Ausprägung hat die betroffene Person keine Komplikationen im Alltag oder nur leichte Funktionseinschränkungen.

Bei größeren Einschränkungen gibt es gezielte Behandlungsoptionen und begleitende Therapien. Auch Prothesen helfen vielen Menschen mit Dysmelie.

Unterschiedliche Formen der Dysmelie

Dysmelie kann in sehr verschiedenen Formen und Ausprägungen auftreten:

  • Amelie: Das Kind wird ohne Gliedmaßen geboren.
  • Tetramelie: Fehlbildungen an allen vier Gliedmaßen.
  • Oligodaktylie: Einzelne oder mehrere Finger oder Zehen sind betroffen.
  • Peromelie: Fehlender Unterarm oder Unterschenkel, so dass nur ein amputationsähnlicher Stumpf vorhanden ist.
  • Brachydaktylie: Verkürzte Finger oder Zehen (von griechisch brachýs - kurz und dáktylos - Finger) 
  • Akromelie, Mesomelie, Hemimelie oder Rhizomelie: Verkürzte Arme oder Beine. 
  • Syndaktylie: Zwei Finger oder Zehen sind miteinander verwachsen.
  • Ektrodaktylie oder Polysyndaktylie: Mehrere Finger oder Zehen sind miteinander verwachsen.
  • Polymelie bzw. Polydaktylie: Das Kind wird mit zu vielen Gliedmaßen oder Fingern geboren.
  • Ektromelie oder Phokomelie: Es fehlen Gliedmaßenbestandteile wie Röhrenknochen.

Welche Ursachen kommen für eine Dysmelie infrage?

Die Dysmelie ist bereits angeboren. Die Ursache sind entweder exogene (äußere) oder endogene (innere) Faktoren. Eine genetische Vorbelastung zählt etwa zu den endogenen Faktoren. Dysmelie kann also vererbt werden.

Während der Schwangerschaft und gibt es eine Vielzahl an komplexen, exogenen Faktoren, die die Entwicklung des Embryos beeinflussen können.

In der Regel entsteht eine Dysmelie zwischen dem 29. und 45. Schwangerschaftstag. In dieser Zeit entwickeln sich die Gliedmaßen und daher gilt dieser Zeitraum als überaus sensible Phase.

Fötus
Die Gliedmaßen entwickeln sich beim Fötus schon früh in der Schwangerschaft. Störungen können dann zu einer Dysmelie führen © unlimit3d | AdobeStock

Zu den äußeren Einflüssen gehören u. a. verschiedene Virusinfektionen, die bestimmte Fehlbildungen auslösen. Aber auch

  • Sauerstoffmangel des Embryos,
  • ein Amniotisches-Band-Syndrom (bei dem Körperteile des Babys während der Entwicklung durch Bindegewebebänder abgeschnürt werden) sowie
  • eine Mangelernährung der Mutter

sind als Auslöser denkbar.

Manche Medikamente oder Hormonpräparate, die die Schwangere zu sich nimmt, können ebenfalls Fehlbildungen zur Folge haben. Große Bekanntheit für eine arzneimittelbedingte schwere Nebenwirkung erlangte der Arzneistoff Thalidomid, der den Contergan-Skandal verursachte.

Auch Drogenmissbrauch während der Schwangerschaft gilt als möglicher Auslöser der Fehlbildungen.

Ein aufmerksamer Umgang mit Arzneimitteln während der Schwangerschaft ist also sehr wichtig. Auch die ärztliche Kontrolle auf Grunderkrankungen der Mutter, wie Diabetes, ist von großer Bedeutung.

Entsteht die Dysmelie während der Schwangerschaft aufgrund äußerer Einflüsse, ist diese Form der Dysmelie nicht weitervererbbar.

Symptome durch Dysmelie

Typisches Symptom der Dysmelie sind Fehlbildungen an den Gliedmaßen. Diese sind oft so eindeutig, dass sie sich bereits während der Schwangerschaft durch Ultraschall (Sonographie) feststellen lassen.

Besonders betroffen von den Fehlbildungen sind Finger und Fußzehen. Die daraus folgenden Bewegungseinschränkungen oder Behinderungen können gering, aber auch sehr stark sein.

Es kann auch zu Folgeerkrankungen wie Haltungsschäden und dadurch Gelenkverschleiß (Arthrose) kommen.
Zu den charakteristischen Beschwerden der Dysmelie gehören außerdem Durchblutungsstörungen.

Je nach Form und Lokalisierung der Dysmelie treten weitere Symptome auf wie:

  • Ödeme (Wassereinlagerungen),
  • Ekzeme,
  • Phantomschmerzen und
  • Blutungen.

Eine Dysmelie bessert sich in der Regel nicht. Der Alltag der betroffenen Personen lässt sich jedoch durch unterstützende Maßnahmen durchaus leichter gestalten.

Diagnose

Häufig ist es möglich, die Dysmelie bereits vor der Geburt im Rahmen der Pränataldiagnostik zu diagnostizieren. Dabei kommt u. a. ein hochauflösendes Ultraschallgerät für eine Feinsonographie zum Einsatz. So lassen sich die Fehlbildungen des ungeborenen Kindes visuell darstellen.

Therapie: frühzeitige Bewegungstherapie und Hilfsmittel

Eine Dysmelie wird in der Regel schon recht früh, zum Teil schon beim ungeborenen Kind festgestellt. Deshalb sind frühzeitig individuelle Therapien möglich.

Die Therapie- und Hilfemöglichkeiten sind sehr breit gefächert und richten sich nach dem individuellen Fall. Jedes Kind benötigt eine individuelle, an seinen Alltag und seinen Entwicklungsstand angepasste und zusammengestellte Therapie.

Die Behandlung beginnt normalerweise schon kurz nach der Geburt. So kann das Kind schon von Anfang an gesunde und funktionale Bewegungsmuster erlernen.

Meistens sind verschiedene Ärzte oder Therapeuten an der Behandlung beteiligt:

  • Ergotherapeuten für ein Training der Alltagsfähigkeiten und
  • Physiotherapeuten für eine bessere Beweglichkeit.

Diese Therapien werden im Rahmen eines langfristigen Heilmittelbedarfs vom Arzt verordnet. Sie machen ein Arztgespräch mit Untersuchung alle 12 Wochen notwendig. In manchen Fällen gilt auch eine psychologische Begleitung als sinnvoll.

Darüber hinaus besteht die Option, durch chirurgische Eingriffe eine Besserung der Funktionen der betroffenen Gliedmaßen zu erzielen. In welchem Lebensalter eine Operation vorgenommen wird, richtet sich in erster Linie nach der Form der Fehlbildung.

In der heutigen Zeit werden meist nur dann Operationen durchgeführt, wenn sie eine bessere Greiffunktion der Hände ermöglicht. Üblich sind auch Operationen zur Transplantation fehlender Zehen  oder Trennung zusammengewachsener Zehen und Finger. Auch die Abstände der Finger zueinander können korrigiert werden.

Als weitere mögliche Therapiemaßnahme gelten auch Prothesen. Je nach Bedürfnissen der Betroffenen ist eine Prothese ein sinnvolles Hilfsmittel. Dabei gibt es einfache und technisch komplexere Prothesenmodelle, zum Beispiel mit muskelimpulsgesteuerten Mikroprozessoren.

Einfachere Hilfsmittel, die den Alltag komfortabler machen, sind Silikonhilfen. Der Betroffene kann sie beim Essen, Schreiben oder Sport benutzen.

Prävention und Prognose

Die genauen Ursachen der Dysmelie sind weitgehend unbekannt. Aus diesem Grund ist es schwierig, einer solchen Fehlbildung wirksam vorzubeugen.

Während der Schwangerschaft lässt sich das Dysmelierisiko jedoch reduzieren, wenn die werdende Mutter

  • auf eine gesunde Ernährung achtet,
  • auf Alkohol- und Drogenkonsum strikt verzichtet und
  • regelmäßig die ärztlichen Kontrolluntersuchungen wahrnimmt.

Bei bereits bestehenden Grunderkrankungen, wie Diabetes oder einer Schilddrüsenerkrankung, ist eine regelmäßige Beobachtung der Stoffwechsellage während der Schwangerschaft sehr wichtig.

Trotz allen Vorsichtsmaßnahmen kann eine Fehlbildung aufgrund der vielen Einflussfaktoren auf die Entwicklung des Babys nicht komplett ausgeschlossen werden. 

Bei früher Feststellung entsprechender Therapie nimmt eine Dysmelie normalerweise einen günstigen Verlauf. Das bedeutet, dass viele Betroffene in der Lage sind, ihr Leben ohne größere Beschwerden zu führen.

In manchen Fällen ist es jedoch erforderlich, auf medizinische Hilfsmittel, die Unterstützung anderer Menschen oder Medikamente zurückzugreifen.

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