Sportlerleiste - Informationen und Spezialisten

03.10.2023
Dr. med. Enrico Pöschmann
Medizinischer Fachlektor

Die Sportlerleiste ist eine Umschreibung für akute oder chronische Leistenschmerzen bei Sportlern. Für Schmerzen in der Leistengegend kommen verschiedene Ursachen infrage. Eine genaue Abklärung ist wichtig, damit der Patient eine spezifische Therapie erhält. Ein nicht behandelter Leistenschmerz stellt eine starke Belastung für Sportler dar und kann zum Ende der Sportkarriere führen.

Im Folgenden finden Sie weiterführende Informationen sowie Spezialisten.

ICD-Codes für diese Krankheit: S76

Empfohlene Spezialisten für Sportlerleiste

Artikelübersicht

Was ist eine Sporlerleiste

Bei der Sportlerleiste handelt es sich um einen Beschwerdekomplex, der unter Medizinern viele Namen hat. Synonyme sind beispielsweise „weiche Leiste“ oder „pubic inguinal pain syndrome“ (PIPS). Vor allem Hochleistungssportler sind davon betroffen. Ursache ist eine starke Belastung der Leiste durch wiederholte abrupte Bewegungen. Diese Beschwerden kommen beispielsweise bei Fußballern und Tennisspielern vor.

Sportlerleiste 2Leistenschmerz ist bei Sportlern ein häufiges Problem und kann bei professionellen Athleten schwerwiegende Folgen haben. @ Jo Panuwat D / AdobeStock

Durch die intensive Belastung kommt es mit der Zeit zu einer Schwächung der Leistenkanalhinterwand. Die Sportlerleiste ist aber kein Leistenbruch! Es handelt sich nicht um eine Hernie (Öffnung oder Riss), bei der Bauchorgane hervorfallen können.

Bei der Sportlerleiste kommt es zur Vorwölbung der Hinterwand im Leistenkanal. Das kann auch bei hohem intraabdominalen Druck geschehen, zum Beispiel beim Husten oder Pressen. Die Vorwölbung der Leistenfaszie drückt auf benachbarte Nervenstränge. Dadurch entstehen Schmerzen.

Weitere Ursachen sind ein Samenstranglipom beim Mann und eine Nuck‘sche Zyste bei der Frau. Vor allem das Samenstranglipom kommt häufiger bei jungen Sportlern vor. Die Ursachen sind noch nicht genau geklärt, aber möglicherweise ist auch der mechanische Reiz bei schnellen Bewegungen ein Auslöser.

Das Lipom ist ein gutartiger Fettgewebstumor im Leistenkanal. Es kann an Größe zunehmen und dadurch andere Bereiche in der Nähe verdrängen. Das verursacht Schmerzen in Richtung Bauch oder Hoden.

Sind Strukturen in der Nähe der Leiste krank, dann können sie ebenfalls Schmerzen in der Leiste verursachen. Zum Beispiel:

Symptome einer Sportlerleiste

Auch wenn die Ursachen für Leistenschmerzen vielfältig sind, die Sportlerleiste geht in der Regel mit einem typischen Beschwerdebild einher:

  • Ziehender oder brennender Schmerz im Leisten-, Bauch- oder Rückenbereich, sowie im Hodensack und in den Oberschenkeln: Mediziner sprechen von einem Nervenkompressionsschmerz, der durch den Druck auf die Nervenbahnen entsteht. Diese Schmerzen können von der Leiste aus in unterschiedliche Bereiche ausstrahlen.
  • Schmerzen im Schambereich: Bei der weichen Leiste ist (durch die Überdehnung) der Leistenkanal erweitert. Das ermöglicht die Verlagerung sehniger Strukturen, die die Bauchmuskulatur am Knochen verankern. Die Folge ist eine veränderte Beanspruchung des Schambeins, was ebenfalls zu Schmerzen führen kann.

Häufig verschwinden die Schmerzen im Ruhemodus oder während einer Schonzeit. Meist kommen sie aber bei sportlicher Aktivität wieder zurück.

Diagnose einer Sportlerleiste

Leiden Sie unter Symptomen, die nach einer Sportlerleiste aussehen, dann sollten Sie für die Diagnose einen erfahrenen Facharzt aufsuchen. Bei Leistungssportlern ist das meist der betreuende Sportmediziner.

Die Diagnose erfolgt in mehreren Schritten:

  1. Anamnesegespräch: Der Arzt führt mit Ihnen zunächst ein umfassendes Anamnesegespräch (Arzt-Patienten-Gespräch). Bei diesem Gespräch schildern Sie ihm,  wie intensiv Ihre sportlichen Aktivitäten sind bzw. wo und wie stark die Schmerzen sind. Auch Ihre Krankengeschichte wird in diesem Gespräch durchleuchtet.
  2. Körperliche Untersuchung: Bei der körperlichen Untersuchung tastet der Arzt den Leistenbereich ab, um gegebenenfalls einen Leistenbruch zu diagnostizieren.
  3. Dynamische Ultraschalluntersuchung (Sonografie): Die eindeutige Diagnose bringt die dynamische Ultraschalluntersuchung (Sonografie). Die veränderten Gewebestrukturen lassen sich mit diesem Verfahren gut darstellen. Dies in Verbindung mit typischen Beschwerden lässt eine Diagnose zu.
  4. Weitere Untersuchungen: Ist die Diagnose immer noch nicht eindeutig, dann kommen weitere Untersuchungen zum Einsatz wie Röntgen oder Magnetresonanztomografie (MRT).

Behandlung einer Sportlerleiste – Therapie und Prognose

Für die Behandlung der Sportlerleiste kommen verschiedene Optionen infrage. Ihr Facharzt wird Ihnen das geeignete Verfahren empfehlen. Für die Therapieentscheidung zieht der Arzt folgende Punkte in Erwägung:

  • Ursache für die Leistenschmerzen
  • Art der Schmerzen (akut, chronisch, Schmerzcharakter und Schweregrad)
  • Bedeutung für den Sportler (zum Beispiel schneller Wiedereinstieg in den Berufssport)

Bleibt der akute Leistenschmerz unbehandelt, können chronische Krankheiten entstehen. Vor allem Hochleistungssportler sollten bei Verdacht auf eine Sportlerleiste schnell handeln, um eine Verschlimmerung abzufangen. Auch um die Gefahr eines Leistenbruch zu reduzieren.

  • Konservative Therapie

Bei geringen Schmerzen können Sie zunächst eine konservative Therapie starten: Dazu müssen Sie sich eine Zeit lang schonen, um eine erneute Reizung zu vermeiden. Im Anschluss können Sie mithilfe der Physiotherapie gezielt Stabilitäts- und Kräftigungsübungen durchführen.

  • Operativer Eingriff

Bessern sich die Beschwerden - trotz Schonzeit und Physiotherapie - nicht, dann ist eine Operation sinnvoll. Dabei kommen unterschiedliche Techniken in Frage. Die Art der Operationstechnik hängt von dem Schmerzcharakter und dem betroffenen Gewebe ab:

  • Nervenkompression: Hierbei lässt sich mit einem Schnitt durch den Nerv oder durch die Entfernung des geschädigten Nervenbereichs Schmerzfreiheit erzielen.
  • Verlagerung des muskulären Halteapparates: Hier stellt die operative Durchtrennung mit Refixierung eine Therapieoption dar.
  • Samenstranglipom: Dieses muss operativ entweder laparo-endoskopisch (Schlüsselloch-Operation) oder durch einen kleinen Schnitt entfernt werden.

Alle Verfahren zielen in erster Linie darauf ab, Schmerzfreiheit zu erreichen. Meist kombinieren Ärzte die Methoden zusätzlich mit einer operativen Verstärkung der Leistenkanalhinterwand. Dadurch wird die weiche Leiste durch ein Netz aus Kunststoff (Prothese) stabilisiert. Bei jungen Sportlern ohne ausgeprägten Leistenbruch kommen auch biodegradierbare Kunststoffnetze zum Einsatz. Diese sind sehr stabil, werden aber vom Körper nach 15-18 Monaten vollständig abgebaut und durch körpereigenes Bindegewebe ersetzt.

Die Operationstechniken für die Sportlerleiste sind minimalinvasiv. Patienten bekommen eine Lokalanästhesie und können zwei Tage nach dem Eingriff wieder mit leichtem Training beginnen. Die Erfolgsrate bei der Behandlung einer Sportlerleiste ist hoch. Etwa 80 Prozent der Betroffenen können zwei Wochen nach Eingriff wieder ihre sportliche Tätigkeit schmerzfrei und vollumfänglich ausüben.

Wo finden Sie Fachärzte

Wenn Sie unter Schmerzen leiden, die auf eine Sportlerleiste oder einen Leistenbruch hindeuten, wenden Sie sich an Ihren Hausarzt. Er wird Sie an den entsprechenden Facharzt überweisen. Häufig handelt es sich um erfahrene Orthopäden, Hernienchirurgen oder spezialisierten Sportmediziner, Sportchirurgen oder Sportorthopäden

Fachärzte finden Sie zum Beispiel in Gemeinschaftspraxen, medizinischen Zentren oder in Ihrem lokalen Krankenhaus. Zusätzlich können Sie sich Informationen oder Empfehlungen von der entsprechenden Fachgesellschaft geben lassen.

Fazit: Mit der richtigen Therapie schnell wieder einsteigen

Eine Sportlerleiste kann zu einer großen Belastung werden und die sportliche Karriere gefährden. Treten Schmerzen auf, sollten Sie daher nicht zögern und sich sofort einer sportmedizinischen Untersuchung unterziehen. Wenn Sie sich rechtzeitig behandeln lassen, beugen Sie chronische Leistenschmerzen vor. Wenn die konservative Therapie nicht hilft, ist eine Operation sinnvoll. Diese ist minimalinvasiv. Sie können zwei Wochen später wieder schmerzfrei mit Ihrem Sport fortfahren.

Quellen

www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0949328X17301163
https://link.springer.com/article/10.1007/s00132-014-3073-9
www.dgsp.de
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