Wirbelsäulentumor: Informationen & Wirbelsäulentumorspezialisten

25.03.2022
Prof. Dr. med. Uwe Spetzger
Medizinischer Fachautor

Ein Wirbelsäulentumor ist eine eher seltene Erkrankung, die sowohl gutartig als auch bösartig sein kann. Je nach Lokalisation wird zwischen einem intraduralen und einem extraduralen Wirbelsäulentumor unterschieden. Die Entfernung eines Wirbelsäulentumors erfolgt in der Regel unter Einsatz mikrochirurgischer und endoskopischer, operativer Methoden. Hier finden Sie weiterführende Informationen sowie ausgewählte Wirbelsäulentumor-Spezialisten und Zentren.

Empfohlene Wirbelsäulentumor-Spezialisten

Kurzübersicht:

  • Was ist ein Wirbelsäulentumor? Ein Tumor, der sich im Rückenmarkskanals in der Wirbelsäule bildet. Es gibt gutartige (langsam wachsende) und bösartige (schneller und infiltrativ wachsende) Tumoren.
  • Voruntersuchungen vor einer OP: Die Stabilität der Wirbelsäule und die knöcherne Beeinträchtigung durch den Tumor sind vor dem Eingriff zu prüfen. Dazu kommen Röntgenuntersuchungen, MRT und/oder CT zum Einsatz.
  • OP-Methodik: Zum Einsatz kommt die funktionserhaltende Mikroneurochirurgie mit einem Operationsmikroskop. Die Schwierigkeit ist, nicht die zahlreichen Nervenstränge der Wirbelsäule zu verletzen, daher wird deren Funktion während des Eingriffs stetig überwacht. Strahlentherapie kommt in der Nachbehandlung zum Einsatz.
  • OP-Überblick: Die Details, wie etwa der Zugang und genaue Vorgehensweise hängt von der Lage und der Art des Tumors ab. Gutartige Tumoren lassen sich besser entfernen, da sie nicht in das umliegende Gewebe einwachsen. Bei bösartigen Tumoren kann bereits die Stabilität der Wirbelsäule beeinträchtigt sein, daher müssen ggf. auch die Wirbelkörper stabilisiert werden.

Artikelübersicht

Was ist ein Wirbelsäulentumor?

Ein Wirbelsäulentumor ist eine gut- oder bösartige Tumorerkrankung im Bereich der Wirbelsäule.

Bei diesen Tumoren unterscheidet man unter anderem, ob er

  • innerhalb der spinalen Hirnhaut (intradural) oder
  • außerhalb des Hirnwasserraumes (extradural)

lokalisiert ist.

Weitere wichtige Kriterien zur Beurteilung eines Wirbelsäulentumors sind außerdem

  • die Lage: Halswirbelsäule, Brustwirbelsäule oder Lendenwirbelsäule, sowie
  • die Wachstumsgeschwindigkeit: Gutartige Tumoren wachsen langsamer, bösartige schneller.

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Untersuchungen und Operationsvorbereitung

Vor der Entfernung eines Wirbelsäulentumors werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt:

Dadurch kann der Arzt die der Knochen und deren Beeinträchtigung abschätzen. Der Wirbelsäulentumor kann die Wirbelsäulenknochen schädigen.

Weitere wichtige Untersuchungsmethoden vor der Entfernung eines Wirbelsäulentumors sind

  • die Kernspintomographie der Wirbelsäule (MRT) und
  • die Computertomographie (CT) sowie
  • gegebenenfalls in Einzelfällen auch eine Angiographie oder
  • nuklearmedizinische Untersuchung.
Arzt zeigt Patienten ein Modell der Wirbelsäule
Vor der Wirbelsäulentumorentfernung führt der Arzt mit dem Patienten aufklärende Gespräche © WavebreakMediaMicro | AdobeStock

Operationsmethoden bei einem Wirbelsäulentumor

Die operative Behandlung bei einem Wirbelsäulentumor erfolgt prinzipiell unter der Strategie der funktionserhaltenden Mikroneurochirurgie. Darunter versteht man bei einem intradural lokalisierten Wirbelsäulentumor einen kleinen Zugang, um die Stabilität der Wirbelsäule möglichst zu erhalten.

In der Regel wird diese Operation unter intraoperativem elektrophysiologischen Monitoring durchgeführt. Das bedeutet, dass die motorischen und sensiblen Nerven des Rückenmarks während der Operation kontinuierlich überwacht werden.

Die operative Entfernung des Wirbelsäulentumors erfolgt mit dem Operationsmikroskop. Der Tumor wird dabei abhängig von der Art der Läsion schrittweise verkleinert und vom gesunden Rückenmark abpräpariert.

Der Chirurg muss dabei Blutgefäße und somit die Durchblutungssituation des Rückenmarks schonen. Ziel ist, permanente Lähmungen und Gefühlsstörungen zu vermeiden.

Entfernung von gutartigen Wirbelsäulentumoren

Die häufigsten gutartigen Wirbelsäulentumore im Rückenmarkskanal sind Meningeome. Sie weisen meistens eine Grenzschicht zum Rückenmark auf. Daher können sie in der Regel vollständig entfernt werden, ohne dass neurologische Komplikationen auftreten.

Hierbei sind immer die individuelle Situation und Größe sowie die Lage des Wirbelsäulentumors von Bedeutung. Auch das Ausmaß der Rückenmarkskompression und der Schweregrad der vorbestehenden neurologischen Defizite müssen berücksichtigt werden.

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Ähnlich sieht es bei der Entfernung von intraspinalen Neurinomen aus. Auch sie sind häufig sehr gut zum Rückenmark und den umliegenden Spinalnerven abgegrenzt.

Neurinome können aufgrund des langsamen Wachstums gelegentlich die knöchernen Strukturen verändern. In diesen Fällen ist die Stabilität der Wirbelsäule gefährdet.

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Problematischer sind intradurale Wirbelsäulentumore wie niedergradige Gliome oder spinale Ependymome. Sie wachsen im Rückenmark selbst und infiltrieren möglicherweise Teile des Rückenmarks.

Hier ist entscheidend,

  • wie stark die Vorschädigungen und
  • die neurologischen Defizite

vor der Operation sind und in welchem Maße eine Infiltration des gesunden Rückenmarks vorliegt.

Ein Wirbelsäulentumor lässt sich umso risikoärmer und technisch unproblematischer entfernen, je

  • früher er erkannt wird und
  • je kleiner er ist.

Aber auch sehr langstreckige und ausgedehnte Ependymome können bei adäquater mikrochirurgischer Operationstechnik mit einem vertretbaren Komplikationsspektrum entfernt werden.

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Eine Sonderform stellen die spinalen Hämangioblastome dar. Hier handelt es sich um stark durchblutete, gefäßreiche Wirbelsäulentumore.

Bei der operativen Strategie werden hier zuerst die blutzuführenden Gefäße bipolar koaguliert und durchtrennt. Dadurch ist eine sichere Präparation und Entfernung aus dem Rückenmark möglich.

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Hier sind im MRT mit Kontrastmittel multiple Hämangioblastome in zervikalen Rückenmark bei einem Patienten mit Morbus Hippel-Lindau dargestellt. Der größte Tumor ist in der Höhe HWK 2/3 lokalisiert und wurde über eine rechtseitige Hemilaminektomie entfernt.

Entfernung von bösartigen Wirbelsäulentumoren

Bösartige Wirbelsäulentumoren werden mit derselben Strategie und denselben mikrochirurgischen Techniken entfernt. Wegen des infiltrativen und füßchenartigen Wachstums in das Rückenmark muss dabei möglicherweise im Randbereich Resttumor belassen werden. Ansonsten droht eine Schädigung der Rückenmarksfunktion mit möglicherweise schweren neurologischen Defiziten.

Bei spinalen Metastasen ist es zudem von entscheidender Wichtigkeit, inwieweit die Wirbelkörper infiltriert sind. Dabei könnte die Stabilität der Wirbelsäule gefährdet sein.

Unter Umständen ist nach der Entfernung des Wirbelsäulentumors eine Stabilisierungsoperation notwendig. Dabei kommen Schrauben und Stabsysteme oder ein Titanwirbelkörperersatz zum Einsatz.

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Gelegentlich ist bei stark durchbluteten Wirbelsäulentumoren auch eine Katheterangiographie mit einer Embolisation notwendig. Eine enge Zusammenarbeit mit den interventionell tätigen Neuroradiologen ist daher dringend erforderlich ist.

Zusammenfassung der operativen Behandlungsstrategie bei einem Wirbelsäulentumor

Das postoperative Komplikationsspektrum lässt sich durch

  • die Anwendung der mikrochirurgischen Techniken und
  • die zunehmende Miniaturisierung der operativen Zugänge, wie z.B. bei der endoskopischen spinalen Chirurgie,

sehr reduzieren.

Das größte Problem stellen nach wie vor die infiltrativ wachsenden Wirbelsäulentumore dar. Die operative Entfernung eines Wirbelsäulentumors birgt immer das Risiko von neurologischen Ausfallserscheinungen. Das ist insbesondere beim Einwachsen des Wirbelsäulentumors in funktionell relevante Areale des Rückenmarks der Fall.

In der Regel bestehen eher geringe Komplikationsrisiken hinsichtlich

  • einer Infektion,
  • einer Liquorfistel sowie
  • für postoperative Hämatome oder
  • eine sekundär auftretende spinale Instabilität.
Chirurgen bei Wirbelsäulen-OP
Chirurgen operieren an der Wirbelsäule © Vadim | AdobeStock

Nachbehandlung nach der operativen Entfernung eines Wirbelsäulentumors

Eine Krankenhausentlassung ist nach 4 - 6 Tagen möglich, wenn eine alleinige mikrochirurgische Entfernung eines Wirbelsäulentumors durchgeführt wurde.

Falls zusätzlich eine Stabilisierungsoperation notwendig ist, dauert die Rekonvaleszenz in aller Regel einige Tage länger.

Gelegentlich wird auch eine Anschlussheilbehandlung durchgeführt. Im Falle einer bösartigen Tumorerkrankung schließt sich in aller Regel

Bei guter Mobilität des Patienten ist die Chemotherapie in den meisten Fällen ambulant durchführbar.

Fazit zur operativen Entfernung eines Wirbelsäulentumors

Das Komplikations- und Risikospektrum für die operative Entfernung von Wirbelsäulentumoren hat sich durch den Einsatz mikrochirurgischer und endoskopischer operativer Methoden unter intraoperativem elektrophysiologischen Monitoring erheblich verringert.

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