Muskelzerrung - Arzt finden und Informationen

19.01.2024
Prof. Dr. med. Susanne Regus
Medizinische Fachautorin

Es beginnt mit einem leichten Ziehen und einem angespannten, unangenehmen Gefühl im Muskel, das allmählich stärker und richtig unangenehm wird: Eine Muskelzerrung (ICD M62.6) zählt zu den häufigsten Sportverletzungen, mit der wohl jeder aktive Mensch früher oder später Bekanntschaft schließt.

Erfahren Sie hier mehr über die Symptome und Behandlung und finden Sie ausgewählte Ärzte für die Behandlung einer Muskelzerrung

ICD-Codes für diese Krankheit: M62.6

Empfohlene Ärzte für Muskelzerrung

Artikelübersicht

Was ist eine Muskelzerrung?

Bei einer Muskelzerrung (Distension) werden die Muskelfasern übermäßig und über die Grenzen ihrer Elastizität hinaus gedehnt. Das führt zu einer Reizung und Entzündung im Muskelgewebe, die langsam zunimmt. Im Gegensatz zum Muskelfaserriss kommt es aber zu keinem Einriss der Muskelfasern, sondern lediglich zu einer starken Überdehnung.

Da das Gewebe des betroffenen Muskels intakt bleibt, entsteht normalerweise keine Einblutung. Typischerweise kommt es allerdings durch die Entzündungsreaktion zu einer Schwellung des Muskelgewebes, welche je nach Ausmaß der Verletzung unterschiedlich stark sein kann.

Wie Muskelfasern aufgebaur sind, zeigt das Video:

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Was sind häufige Ursachen für eine Muskelzerrung?

Die häufigste Ursache für eine Muskelzerrung ist eine Fehlbelastung, bei der die angespannte Muskulatur plötzlich überdehnt wird. Das geschieht oft beim Sport und vor allem dann, wenn man abrupt beschleunigt - etwa beim schnellen Lossprinten oder beim Endspurt.

Auch ein rasanter Wechsel zwischen Beschleunigen und Abbremsen, wie zum Beispiel beim Tennis oder Fußball, ist ein typischer Unfallmechanismus der Muskelzerrung. Besonders gefährdet sind Sportler, die sich nicht aufgewärmt haben, da bei ihnen die Muskulatur deutlich anfälliger für eine Verletzung ist. Eine durch das Aufwärmtraining vorgedehnte Muskulatur ist deutlich weniger anfällig für eine Überdehnung und Muskelzerrung.

Eine Überanstrengung des Muskels durch eine kräftige, häufig wiederholte Bewegung beim Sport oder bei der Arbeit kann ebenfalls eine derartige Verletzung auslösen. Muskelzerrungen sind also nicht nur ein Thema für Sportler. Fast jeder körperlich hart arbeitende Mensch hat hin und wieder mit einer unangenehmen Muskelzerrung zu tun.

Welche Muskeln können von einer Zerrung betroffen sein?

Eine Muskelzerrung kann jeden Muskel treffen. Es gibt allerdings Muskelgruppen, die dafür besonders anfällig sind. Hierzu gehört insbesondere die Beinmuskulatur, vornehmlich die Oberschenkel- und Wadenmuskeln. Bekannt und gefürchtet ist auch die Leistenzerrung (Adduktorenzerrung). 

Die Muskulatur der oberen Extremität, also insbesondere der Schulter und des Armes, ist seltener betroffen. Dies liegt unter anderem daran, dass die Muskulatur im Bein in aller Regel deutlich stärker und kräftiger ausgebildet ist als die am Arm. Auch die Brust- und Rückenmuskulatur kann gezerrt werden, allerdings ebenfalls deutlich seltener als die Beinmuskulatur. 

Muskelzerrung Oberschenkel© Henrie / Fotolia

Wie macht sich eine Muskelzerrung bemerkbar?

Eine Muskelzerrung verursacht Schmerzen, die oft zunächst stärker werden und nach 1-3 Tagen ihr Schmerzmaximum erreichen. Dies liegt an der zunehmenden Entzündung des Gewebes und der hierdurch verursachten Schwellung. Zudem verhärtet sich die Muskulatur und bei fortdauernder Belastung erleben die Betroffenen krampfartige, ziehende Schmerzen. Auch Lockerungsmaßnahmen und Schütteln bleiben wirkungslos und führen zu keiner Beschwerdebesserung. In Ruhe klingen die Beschwerden meist wieder ab, weshalb auf körperliche Aktivitäten und sportliches Training normalerweise freiwillig verzichtet wird. 

Wie wird eine Muskelzerrung festgestellt?

Eine Muskelzerrung kann üblicherweise allein anhand des Unfallhergangs und der geschilderten Beschwerden diagnostiziert werden. Patienten berichten typischerweise über

  • eine ungewohnte, sportliche Belastung,
  • die Aufnahme einer neuen Arbeitstätigkeit mit übermäßiger Belastung spezieller Muskelgruppen oder
  • eine „komische“ Bewegung (z.B. Ausfallschritt, stolpern, ausrutschen) während des Trainings beziehungsweise im Wettkampf.

Bei der körperlichen Untersuchung imponiert nahezu immer eine druckschmerzhafte Stelle im Bereich der betroffenen Muskulatur. Relativ zeitnah nach dem Unfallereignis, bildet sich zudem oft eine Verfärbung durch einen zunehmenden Bluterguss. Auch eine Schwellung der betroffenen Muskulatur sowie Rötung der darüberliegenden Haut ist häufig zu beobachten.

Durch eine Ultraschalluntersuchung lässt sich die verletzte Muskulatur ebenfalls einfach und zuverlässig darstellen. Hier zeigt sich meist eine Schwellung der sowie ein Bluterguss in der betroffenen Muskulatur.

Bei Verdacht auf Verletzung der knöchernen Ansatzstrukturen (Sehnen) oder auch bei sehr langwierigen schweren Krankheitsverläufen kann durchaus auch eine Kernspin-Untersuchung veranlasst werden. Hier lässt sich das Gewebe noch zuverlässiger und besser darstellen als bei der Ultraschalldiagnostik. Wenn der Verdacht auf Verletzungen des Knochens besteht, empfiehlt sich eine Röntgenuntersuchung

Wie wird eine Muskelzerrung behandelt?

Ruhe bewahren ist bei der Behandlung der Muskelzerrung besonders wichtig: Hören Sie also sofort mit dem Sport oder der anstrengenden Tätigkeit auf! Der schmerzende Körperteil braucht jetzt Ruhe.

Auch eine möglichst rasche Kühlung hilft in der Phase direkt nach dem Unfallereignis, zum Beispiel durch Coolpacks, Umschläge mit kaltem Wasser oder durch das Einlegen der verletzten Körperregion (auch baden ist möglich) in kühlem Wasser. Eis sollte allerdings nie direkt auf die Haut aufgelegt, sondern in ein schützendes Tuch eingeschlagen werden. 

Wärme ist in der akuten Phase (das ist die Phase direkt nach dem Unfallereignis) kontraindiziert, was so viel bedeutet, dass Sie Wärme unbedingt vermeiden sollten. Durch die Anwendung von Wärme wird der Entzündungsprozess noch unterstützt und die Schwellung sowie die Schmerzsymptomatik nehmen zu. Wenden Sie deshalb in der Akutphase keinesfalls Wärme an!

Nach initialer Kühlung empfiehlt sich die konsequente Schonung des gezerrten Muskels. Dies erfolgt am besten durch Ruhigstellung mit einem stützenden und schützenden elastischen Verband. Auch Bandagen haben sich sehr bewährt. Spezielle Schuhe oder Hartschalen-Verbände (z.B. Gipsverbände) sind nicht notwendig.

Allerdings kann ein zusätzliches Hochlagern der betroffenen Körperregion sehr hilfreich sein und die Schmerzsymptomatik zügig lindern. Durch die verringerte Blutzufuhr nimmt außerdem die Schwellung oft deutlich ab und Blutergüsse entstehen kaum bzw. viel langsamer. Durch das Hochlagern kann der Körper auch die ins umliegende Gewebe ausgetretene Flüssigkeit leichter abtransportieren. Die Schwellung ist eine wichtige Ursache für die Schmerzsymptomatik bei einer Muskelzerrung, so dass das Hochlagern meist als sehr angenehm empfunden wird.

Auch die Anwendung von Massagen ist sehr hilfreich und unterstützend für den Heilungsprozess. Hierdurch wird eine Erholung der geschädigten Muskulatur gefördert und eine vorhandene Schwellung reduziert. Zudem ist die Massagebehandlung in aller Regel sehr angenehm für den Patienten. 

Nach abklingen der akuten Symptomatik kann auch eine Wärmebehandlung hilfreich sein, allerdings in Maßen und abhängig davon, ob und wie die Wärmebehandlung vertragen wird.

Eine gesunde, magnesium- sowie proteinreiche Ernährung und ausreichende Flüssigkeitszufuhr helfen dem Körper, die geschädigte Muskulatur zu regenerieren sowie die durch den Entzündungsprozess ins Gewebe ausgetretenen Flüssigkeit leichter abzutransportieren.

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Wie lange dauert eine Muskelzerrung?

Wie lange die Schonzeit bei einer Muskelzerrung dauert, hängt von der Art und der Schwere der Zerrung ab. Außerdem ist es wichtig, welche Muskulatur betroffen ist. Wenn eine Muskelzerrung nicht innerhalb weniger Tage deutlich besser wird, sollte medizinische Hilfe in Anspruch genommen werden. Hinter einer vermeintlichen Muskelzerrung kann sich auch ein Muskelfaserriss beziehungsweise eine Verletzung von Sehnen oder Knochen verstecken. Ein langer Krankheitsverlauf und zunehmende Schmerzen sind aus diesem Grund durchaus ernstzunehmen und bedürfen einer ärztlichen Untersuchung. 

Oft genügt der Besuch beim Hausarzt, dieser entscheidet dann, ob eine Vorstellung beim Spezialisten (Facharzt für Unfallchirurgie, Orthopädie oder Sportmedizin) notwendig ist. Hier können dann eventuell weitere Untersuchungen veranlasst und beurteilt werden, wie lange die Schonzeit betragen sollte. Es ist allerdings immer abzuwägen zwischen der notwendigen Rückstellung der Muskulatur und den Nachteilen einer längeren Trainingspause. Daher werden insbesondere hochmotivierte Sportler aus dem Profibereich die Schonfrist so kurz als möglich einhalten wollen. Dennoch kann eine zu frühe Wiederaufnahme des Trainings langwierige negative Folgen mit sich bringen, was für professionelle Athleten zu einem Einbruch oder Ende der sportlichen Karriere führen kann. Erfahrungsgemäß genügt eine Ruhephase von 5-7 Tagen, um die die Muskelzerrung zur Heilung zu bringen.

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