Orthopädische Untersuchung: Informationen & Spezialisten

02.09.2022
Leading Medicine Guide Redaktion
Autor des Fachartikels
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Mittels orthopädischer Untersuchung diagnostiziert und beurteilt der Orthopäde Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates. Sie dient unter anderem der Prüfung der Gelenke, der Muskeln und Sehnen sowie der Nerven. Neben Patientengespräch umfasst die orthopädische Untersuchung weitere Aspekte. Dazu gehören Beweglichkeit, Haltung und Form sowie das Gangbild.

Hier finden Sie weiterführende Informationen sowie ausgewählte Spezialisten und orthopädische Zentren für die orthopädische Untersuchung.

Empfohlene Spezialisten für eine orthopädische Untersuchung

Artikelübersicht

Was wird bei einer orthopädischen Untersuchung geprüft?

Mit der manuellen orthopädischen Untersuchung sind wichtige Befunde zu erheben. Folgende Punkte prüft der Orthopäde:

Haut und Unterhautgewebe:

Temperatur und Konsistenzunterschied, z.B.

  • Pannikulosen,
  • Narben,
  • typische Hautveränderungen in Verbindung mit trophischen Ulzerationen etc.

Gelenke:

  • Lokalisation von Druckschmerzen,
  • Auslösung bestimmter Schmerzphänomene bei Bewegungen,
  • Differenzierung von Formabnormitäten, z.B.
    • Gelenkerguss,
    • Kapselschwellung,
    • Lagebeziehung einer Schwellung zum Gelenk (z.B. präpatellare Bursitis (Schleimbeutelentzündung), Baker-Zyste, Tumor im Metaphysenbereich etc.),
  • Gelenkreiben (Krepitation),
  • Schnappphänomene

Muskeln:

  • Schmerzauslösung über isometrische oder isotonische Anspannung,
  • Druckschmerz,
  • Konturdefekte,
  • Kraftminderung,
  • Über- und Unterversorgung mit Nährstoffen

Sehnen und Sehnenansätze:

  • Formveränderungen, z.B.
  • Schmerzempfindung bei Druck und/oder Bewegung,
  • Schnapp- und Reibephänomene

Gefäße:

Nerven:

Schmerzauslösung über typische Druckpunkte (Triggerpunkte)

  • nahe der Wirbelsäule und den Nervenaustrittsstellen (Valleix-Druckpunkte) oder
  • im Nervenverlauf.


Physiotherapie Rückenschmerz
Die orthopädische Untersuchung umfasst verschiedene Tests und Bewegungsanalysen © RioPatuca Images | Fotolia

Prüfung der Gelenke

Jedes Gelenk hat eine besondere Bewegungscharakteristik. Die Beweglichkeit wird auf ihr aktives und passives Ausmaß geprüft und in Winkelgraden festgehalten.

Die Erfassung des aktiven Bewegungsumfanges ist besonders bei Schmerzzuständen und Lähmungen wichtig. Die Dokumentation erfolgt nach der Neutral-Null-Methode, wobei als 0-Stellung die Mittel- bzw. Ausgangsposition der jeweiligen Bewegungsrichtung gilt.

Beispiel: Kniegelenk 5-0-130: 5 entspricht 5° Überstreckung, 0 entspricht voller Streckung, 130 entspricht 130° Beugung.

Die Prüfung der Gelenke erfolgt in den drei Raumebenen frontal, sagittal und transversal. Nicht alle Gelenke sind für diese Bewegungen vorgesehen. Aus anatomischen Gründen betrifft das praktisch nur die Kugelgelenke Hüfte und Schulter. Andere Gelenke, wie Ellbogen-, Knie- oder Fingergelenke, lassen physiologischerweise nur Scharnierbewegungen in einer Ebene zu.

Bei der Aufzeichnung wird vermerkt, ob eine Hemmung durch

  • Verwachsungen,
  • Einklemmung,
  • Deformierung der Gelenkkörper (artikuläre Ursachen) oder
  • extraartikuläre Ursachen (außerhalb der Gelenke)

bedingt ist. Darüber hinaus prüft der Orthopäde auf

  • Geräusche bzw. "Knirschen" oder abnorme Tastbefunde bei der Bewegung,
  • ob die Bewegung flüssig oder stockend bzw. unregelmäßig abläuft,
  • Schwellungen, Farbe und Temperatur der Haut (Entzündungen!) sowie
  • Schmerzauslösung bei Druck und Bewegung.

Bei Gelenkschwellungen ist zwischen

  • Flüssigkeitsansammlungen im Lumen (Erguss),
  • Schwellungen der fibrösen oder synovialen Gelenkkapsel und
  • Verdickung der knorpeligen bzw. knöchernen Anteile

zu unterscheiden.

Weitere Aspekte der differenzierten Gelenkuntersuchung sind

  • die Lokalisation von Druckschmerzen,
  • Auslösung bestimmter Schmerzphänomene bei Bewegungen,
  • Ausprägung von Formabnormitäten (diffus, lokalisiert),
  • Lagebeziehung einer Schwellung zum Gelenk (z.B. präpatellare Bursitis, Baker-Zyste, Tumor im Metapysenbereich etc.),
  • tastbares Gelenkreiben (Krepitation) und
  • Schnappphänomene.

Prüfung der Muskeln

Ein Muskel ist härter und dicker im kontrahierten (angespannten) und schlaff im atonischen (entspannten) Zustand. Unterernährte Muskeln können sowohl schlaff als auch gespannt erscheinen.

Der Tastbefund gibt weiter Auskunft über

  • lokalisierte Verhärtungen (Myogelosen) und
  • flächenhafte Verspannungen (meist reflektorische Kontrakturen, Hartspann).

Substanzverluste der Muskeln lassen sich mit dem Bandmaß feststellen. Strangartig gespannte Sehnen deuten auf eine Verkürzung hin. Es ist festzustellen, ob ein verspannter Muskel aktiv entspannt werden kann und eine normale Kontraktionsleistung besitzt. Dazu prüft der Orthopäde die Muskelkraft und Ergometrie.

Die aktive Muskelleistung wird dabei gewöhnlich in Stufen von 0 bis 5 angegeben:

0 = keine Muskelaktivität
1 = sichtbare Kontraktion ohne Bewegungseffekt
2 = Bewegungsmöglichkeit unter Ausschaltung der Schwerkraft
3 = Bewegungsmöglichkeit gegen die Schwerkraft
4 = Bewegungsmöglichkeit gegen mäßigen Widerstand
5 = normale Kraft

Die Messung der Umfangsmaße erfolgt zu Vergleichszwecken an beiden Extremitäten. Der Arzt nutzt dazu ein unelastisches Maßband, das er an den entsprechenden Muskelbereichen anlegt. Als Bezugspunkte dienen gut tastbare Strukturen am Arm und Bein.

Prüfung der Sehnen

Bei der Untersuchung der Sehnen interessieren

  • ihr Ansatzpunkt am Knochen,
  • ihr Verlauf und
  • ihr Übergang zum Muskel.

In diesen Abschnitten können unabhängig voneinander

  • spontane Schmerzempfindung,
  • Druckschmerz oder
  • Bewegungsschmerz

auftreten.

Schmerz bei Bewegung kann sich in verschiedenen Empfindlichkeitskategorien äußern:

  • ausgelöst schon bei passiver Gelenkaktion ohne Muskelanspannung,
  • bei kontrahierendem Muskel und
  • bei Muskelanspannung ohne Gelenkbewegung (Muskelanspannung gegen Widerstand).

Von Schmerzen durch Sehnenkrankheiten sind solche Schmerzen abzugrenzen, die

  • von der Knochenhaut (Periost) in der Umgebung von Sehneninsertionen oder
  • über Diaphysen (Tibiavorderkante) ausgehen oder
  • ihre Ursache in einer Schleimbeutelentzündung unter oder über Sehnenansätzen oder Knochenprominenzen haben.

Schwellungen im Sehnenverlauf können durch die Sehne selbst oder ihr Gleitgewebe hervorgerufen werden. Dazu gehören etwa die Sehnenscheidenentzündung oder Tendovaginitis, Paratenonitis. Sie können darüber hinaus und mit bei Bewegung aufeinander reibenden Knochen einhergehen.

Sichtbare und tastbare Unregelmäßigkeiten der Sehnenkontur weisen auf lokale trophische Störungen oder Kontinuitätsunterbrechungen hin.

Fehlende oder kraftlose Gelenkbewegung bei aktiv forcierter Muskelanspannung kann auf einen Sehnenriss hindeuten. Eine solche Muskelanspannung wäre etwa der Versuch, sich einbeinig auf die Zehen zu stellen.

Prüfung der Nerven

Die Prüfung der Nerven umfasst die Prüfung

  • der Sensibilität,
  • des Reflexverhaltens,
  • der Motorik der zugehörigen Muskeln,
  • der Trophik und
  • der Blutgefäßbeweglichkeit.

Bei Lähmungszuständen ist zwischen spastischen und schlaffen Lähmungen zu differenzieren. Das stimmt gewöhnlich mit der Lokalisation ihrer Ursache überein. Schäden im Bereich der Wirbelsäule können sich

  • auf eine Nervenwurzel beschränken: radikuläre Ausfälle im betroffenen Dermatom (Versorgungsbereich des Nervs) und/oder motorische Störungen in zugehörigen Kernmuskel
  • auf den gesamten oder Teile des Nervengeflechts auswirken, was mit Ausfällen mehrerer Wurzeln verbunden ist.

Eine periphere Nervenverletzung (Läsion) führt im entsprechenden Versorgungsgebiet zu sensiblen und/oder motorischen Ausfällen. Eine Blasen- und/oder Darmlähmung lässt auf Betroffensein des 1. Neurons (Querschnittsläsion, Caudasyndrom) schließen.

Die Funktionsdiagnostik bei schlaffen Lähmungen und Myopathien erfolgt durch willkürliche und elektrische Muskeluntersuchung.

Die Prüfung der elektrischen Erregbarkeit erfolgt in erster Linie durch die Elektromyographie (EMG). Hilfreich ist das EMG auch für die Diagnose der Höhenlokalisation von Nervenwurzelschäden. Dazu macht man sich eine Impulsableitung aus den zugehörigen Kernmuskeln zunutze, die nur oder vorwiegend von einer Spinalwurzel innerviert werden.

Eine Messung der Nervenleitgeschwindigkeit ermöglicht Erkenntnisse über Unterbrechungen der Nervenleitung. Vollständige oder teilweise Unterbrechungen der Impulsweiterleitung treten häufig nach Verletzungen auf.

Prüfung der Gefäße

Die Untersuchung der Gefäße erfolgt zunächst durch Inspektion und Ertasten unter Beachtung der

  • Hautfärbung (Blässe, Rötung, Zyanose) in Ruhe und Bewegung bzw. Belastung
  • Pigmentierungen, Hautflecken (Cutis marmorata)
  • Sichtbare Varizen (Krampfadern)
  • Lokalen Hauttemperatur (im Vergleich zur Nachbarschaft oder Gegenseite)
  • Ertasten der Arterienpulse im Seitenvergleich
  • Lagerungsproben und funktionelle Belastungsprüfungen
  • Ergometrie
  • Thermischen Provokation funktioneller Durchblutungsstörungen

Apparative Verfahren sind:

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