Psychokardiologie: Informationen & Fachärzte

Die Psychokardiologie beschäftigt sich mit dem Zusammenhang zwischen Herzkrankheiten und seelischem Befinden. Herzkrankheiten können psychische Probleme auslösen, etwa Panikattacken oder Depressionen. Umgekehrt können Depressionen und Stress auch Herzerkrankungen verursachen. Psychokardiologen gehen speziell auf diese Patienten ein und behandeln sie mit einem individuell abgestimmten Therapiekonzept.

Hier finden Sie alle wichtigen Informationen sowie qualifizierte Fachärzte für Psychokardiologie.

Artikelübersicht

Psychokardiologie - Weitere Informationen

Definition: Was versteht man unter Psychokardiologie?

Die Psychokardiologie ist ein Spezialgebiet der Humanmedizin. Psychokardiologen beschäftigen sich mit dem Zusammenhang zwischen Herzkrankheiten und seelischem Befinden.

Studien der Psychokardiologie zeigen, dass Herzkrankheiten psychische Begleitprobleme wie

auslösen können.

Umgekehrt können Depressionen und Ängste auch das Risiko für die Entstehung von Herzkrankheiten erhöhen.

Die im Rahmen der Psychokardiologie entwickelte stationäre psychokardiologische Behandlung setzt sich aus

  • einer internistisch-kardiologischen Versorgung sowie
  • einer psychosomatischen (Geist beeinflusst Körper) Diagnostik und Behandlung

zusammen.

Zusammenhang zwischen Herzkrankheiten und seelischem Befinden

Dass es zwischen Herzkrankheiten und dem seelischen Befinden einen Zusammenhang gibt, ist schon lange bekannt. Seit einigen Jahrzehnten beschäftigt sich auch die Wissenschaft damit. So entstand der Fachbereich der Psychokardiologie.

Die Psychokardiologie zeigt, dass seelisches Befinden über

  • das Verhalten (z.B. „Frustfressen“, Rauchen zum Stressabbau) sowie
  • Veränderungen körperlicher Regulationsprozesse

 auf das Herz einwirkt.

Stress und Herzkrankheiten

Chronischer Stress kann zu Störungen im vegetativen Nervensystem führen. Dadurch können sich Störungen in der Regulation von 

  • Herzschlag,
  • Blutdruck und
  • Durchblutung 

entwickeln. Es kommt zu einer erhöhten Blutgerinnungsneigung mit der Gefahr der Gerinnselbildung, z.B. in den Herzkranzgefäßen. Eine solche Verengung von Blutgefäßen kann schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben. Stressbedingte Störungen von Hormonhaushalt und Entzündungsvorgängen können dies begünstigen.

Stress kann sowohl langfristig zur Entstehung von Verengungen an den Herzkranzgefäßen beitragen. Akut kann er

auslösen. Anlass hierfür sind z.B. Blutdruckanstiege, etwa durch akuten Stress oder Ärger.

Herzkrankheiten und Depressionen

Depressive Menschen haben ein besonders erhöhtes Herz-Kreislaufrisiko. Nach den Befunden zahlreicher Studien erhöht eine Depression das Herzinfarktrisiko ähnlich stark wie das Rauchen. Selbst leichtere depressive Symptome führen schon zu einer messbaren Risikoerhöhung, ähnlich wie beim Passivrauchen.

Umgekehrt erhöhen Herzkrankheiten das Risiko für die Entstehung einer Depression. Sie stellen ihrerseits für viele Patienten und deren Angehörige eine erhebliche Belastung dar. Neben einer Depression können auch Angststörungen oder psychosomatische Beschwerden als Folge der Herzerkrankung auftreten.

Depressive Frau
Depressionen können sich negativ auf das Herz auswirken © Kittiphan | AdobeStock

Durch Herzkrankheiten verursachte Angststörungen

Nach einem Herzinfarkt oder einer schweren Herzrhythmusstörung leben viele Patienten in ständiger Sorge. Sie haben Angst, dass ein solches Ereignis erneut auftreten könnte. Erstmals bemerken sie harmlose Extraschläge, wie sie auch bei den meisten Gesunden auftreten, und stufen sie als bedrohlich ein.

Auch alltägliche Missempfindungen im Brustbereich können als Vorboten eines Herzinfarkts missverstanden werden. Das führt zu starker Angst, die sich bis in eine Panik steigern kann. Das wiederum beschleunigt den Herzschlag, sodass sich ein Teufelskreis aus Angst und Herzklopfen entwickelt.

Oft führen diese Symptome dann zu einer stärkeren Beeinträchtigung des Alltagslebens als die eigentliche Herzschädigung. Wiederholte medizinische Untersuchungen ohne wegweisendes Ergebnis frustrieren die Patienten.

Bei manchen Patienten führt das zu einer vorzeitigen Erwerbsunfähigkeit. Das ist bedauerlich, weil der Betroffene seiner Arbeit körperlich durchaus noch gewachsen wäre.

Durch Herzkrankheiten verursachte Traumatisierung

Für einige Patienten stellt die Herzkrankheit eine besondere seelische Traumatisierung dar. Besonders wurde dies bei Patienten nach

  • schweren Herzinfarkten,
  • Wiederbelebungsmaßnahmen oder
  • Behandlung von Herzrhythmusstörungen mittels elektrischer Defibrillatorschocks

beobachtet.

Auswirkungen psychischer Begleitprobleme auf die Lebensqualität

Die psychischen Begleitprobleme beeinträchtigen so die gesamte Lebensqualität vieler Herzpatienten. Aber auch ihre Fähigkeit, ärztlich angeratene Veränderungen des Lebensstils umzusetzen, ist herabgesetzt.

Wer schon mutlos ist, tut sich besonders schwer,

  • zunächst lästige Veränderungen langjähriger Ernährungsgewohnheiten vorzunehmen,
  • körperlich wieder aktiver zu werden oder
  • mit dem Rauchen aufzuhören.

Auch die regelmäßige Einnahme der notwendigen Herzmedikamente fällt depressiven oder ängstlichen Patienten schwer. Ängste vor Nebenwirkungen lassen diese erst recht auftreten, sodass wirksame Medikamente abgesetzt werden.

Depressive Hoffnungslosigkeit beeinträchtigt die Bereitschaft, regelmäßig Medikamente einzunehmen, um evtl. in einer ohnehin wenig lebenswert erscheinenden Zukunft Komplikationen der Herzerkrankung zu vermeiden. Dies gilt besonders, wenn die Nebenwirkungen ihrerseits die Lebensfreude weiter reduzieren.

Sexuelle Funktionsstörungen bei Herzpatienten

Ein häufiges Problem sind auch sexuelle Funktionsstörungen. Diese sind häufig die Folge von Durchblutungsstörungen oder Begleiterkrankungen einer Herzkrankheit. Mindestens die Hälfte der Herzpatienten leidet darunter.

Beide Partner sind zudem oft verunsichert, ob Sexualität mit der Herzerkrankung evtl. zu anstrengend ist. Das trifft in den meisten Fällen allerdings nicht zu. Aus Scham vermeiden Patienten dieses Thema auch beim Arzt und der Arzt selbst spricht es nicht an. So kann es auch keine Hilfe geben.

Wenn dann ein Medikament (oder die Angst vor dessen Nebenwirkungen) das Liebesleben vollends zum Erliegen bringt, scheint nur noch das Absetzen möglich.

Notwendigkeit der Behandlung psychischer Begleitprobleme bei Herzpatienten

Herzerkrankungen können oft erfolgreich behandelt werden. Doch die ungünstigen Effekte von Angst, Depression und Traumafolgestörungen verschlimmern die Erkrankung oder deren Behandlung oft. Viele Patienten können ihre Erkrankung psychisch nicht bewältigen und stehen sich bei der Therapie selbst im Weg.

Die Mehrzahl kardiologischer Leitlinien fordert daher eine systematische Erkennung und Behandlung der psychischen Begleiterkrankungen von Patienten mit Herzkrankheiten.

Behandlung von Herzpatienten mit psychischen Begleitproblemen

Verschiedene Behandlungsmöglichkeiten stehen für

  • Herzpatienten mit psychischen Begleitproblemen, sowie
  • Patienten mit sogenannten funktionellen Herzbeschwerden ohne organische Herzerkrankung

zur Verfügung:

Gespräch mit dem Hausarzt oder Kardiologen

An erster Stelle steht das vertrauensvolle Gespräch mit dem Hausarzt oder Kardiologen. Dieser kann im Rahmen der psychosomatischen Grundversorgung Hilfestellungen zur Krankheitsbewältigung geben.

Wichtig ist hier

  • das Ernstnehmen auch körperlich unzureichend erklärbarerer Beschwerden durch den Arzt,
  • eine gute Beratung über die Zusammenhänge von Herzfunktionen und psychischen bzw. körperlichen Belastungen und
  • ggf. die Klärung von Problemfeldern im familiären oder beruflichen Alltag.

Körperliche Aktivitäten

Ergänzend ist in den meisten Fällen regelmäßige maßvolle körperliche Ausdauerbelastung hilfreich. Sie stärken sowohl das Herz-Kreislaufsystem als auch das Selbstvertrauen. Die Betätigung muss dem Patienten aber Freude bereiten, damit sie zur Alltagsgewohnheit werden kann.

Antidepressiva für Herzpatienten mit Depressionen und Angststörungen

Bei schweren Depressionen oder Angststörungen können zur Unterstützung auch antidepressive Medikamente eingesetzt werden. Zahlreiche – auch neuere – Antidepressiva können allerdings Störungen von Herzfunktionen und andere Nebenwirkungen auslösen. Auch kann es zu unerwünschten Wechselwirkungen kommen, z.B. erhöhter Blutungsneigung. Antidepressiva und Herzmedikamente vertragen sich bei gleichzeitiger Einnahme leider oft nicht gut.

Die Einnahme von Antidepressiva ist dennoch in vielen Fällen sinnvoll. Sie erfordert dann aber eine sorgfältige Auswahl des Wirkstoffs durch einen psychokardiologisch versierten Arzt. Auch regelmäßige Labor- und EKG-Kontrollen sind in dieser Hinsicht sinnvoll.

Psychotherapie für Herzpatienten mit Depressionen und Angststörungen

Angststörungen und Depressionen können sehr wirksam mit einer Psychotherapie behandelt werden.

Die meisten Psychotherapien berücksichtigen zunächst nicht die besonderen Problemstellungen von Herzpatienten. Viele Psychotherapeuten haben sich aber in den letzten Jahren für die Behandlung von Herzpatienten weiter qualifiziert.

Speziell für Herzpatienten entwickelte Psychotherapien wurden in den letzten Jahren mit gutem Erfolg getestet. Sie können neben der psychischen Belastung und der Lebensqualität möglicherweise sogar den körperlichen Krankheitsverlauf günstig beeinflussen.

Solche Angebote existieren allerdings bisher erst an wenigen spezialisierten Zentren.

Stationäre psychokardiologische Behandlung

Manche Patienten können aufgrund der Schwere ihrer Herzkrankheit und/oder der psychischen Begleiterkrankung nicht ambulant behandelt werden. Einzelne Kliniken bieten für solche Patienten stationäre psychokardiologische Behandlungen an.

Dies gilt bislang allerdings vorwiegend für den Bereich der Rehabilitation. Manche Rehakliniken bieten umfassendere psychokardiologische Behandlungskonzepte an.

Bei der meist 4- bis 6-wöchigen Behandlung im Rahmen der Psychokardiologie arbeiten

als Team mit den Patienten. Das Angebot umfasst

  • eine internistisch-kardiologische Versorgung und ggf. Diagnostik,
  • regelmäßige Visiten und
  • mit allen technischen Mitteln des Herzzentrums.

Hinzu kommt gleichzeitig eine intensive psychosomatische Diagnostik und Behandlung. Dazu gehören u.a.

  • regelmäßige psychotherapeutische Einzel- und Gruppengespräche,
  • Patientenschulungen,
  • Kunsttherapie und
  • Entspannungsübungen.

Daneben erhält jeder Patient eine körpertherapeutische Behandlung zur

  • allgemeinen körperlichen Aktivierung,
  • Verbesserung der Körperwahrnehmung und
  • ein auf die konkrete Krankheitssituation abgestimmtes körperliches Training.

Bei Bedarf kommen

  • Stressdiagnostik,
  • Biofeedback und
  • Sozialberatung

zum Einsatz.

Für wen ist die stationäre psychokardiologische Behandlung geeignet?

Eine stationäre psychokardiologische Behandlung eignet sich besonders für Patienten mit

  • Herzerkrankungen mit psychischer Mitbeteiligung bzw. Begleiterkrankung,
  • ausgeprägtem Risikoverhalten oder Störungen der Stressverarbeitung mit hieraus resultierenden Folgeproblemen, z.B. wiederholt entgleisender Bluthochdruck oder Diabetes,
  • ausgeprägter Körpersymptomatik ohne oder mit noch unklarer organischer Ursache (u.a. „Herzneurosen“). Insbesondere, wenn sie schon zu wiederholten notfallmäßigen Vorstellungen oder aufwändigen Untersuchungen ohne hinreichende Erklärung der Beschwerden geführt hat
Whatsapp Facebook Instagram YouTube E-Mail Print