Ulcus cruris - Spezialist finden und Informationen

03.01.2023
Prof. Dr. med. Susanne Regus
Medizinische Fachautorin

Als Ulcus cruris wird ein Geschwür bezeichnet, das sich im Gewebe des Unterschenkels infolge einer Zirkulationsstörung des Blutsystems gebildet. Das Unterschenkelgeschwür entwickelt sich im Lauf der Zeit üblicherweise zu einer offenen und meist nässenden Wunde. Sie heilt über einen längeren Zeitraum nicht ab und wird deshalb nicht als chronisch bezeichnet wird. In der Umgangssprache wird Ulcus cruris auch als offenes Bein bezeichnet. Dieses Problem betrifft meist ältere Menschen, die bereits unter verschiedenen Grunderkrankungen leiden. Hier finden Sie weiterführende Informationen sowie ausgewählte Ulcus cruris-Spezialisten und Zentren.

ICD-Codes für diese Krankheit: L97

Empfohlene Ulcus cruris-Spezialisten

Artikelübersicht

Definition: Was ist ein Ulcus Cruris?

Ulcus cruris ist der medizinische Ausdruck für ein Unterschenkelgeschwür. Ulcus steht für eine länger bestehende (= chronische), nicht heilende und immer größer sowie tiefer werdende Wunde. Cruris ist der medizinische Ausdruck für Unterschenkel.

Ulcus cruris art
Ulcis cruris in einem sehr weit fortgeschrittenen Stadium © Quelle: Wikimedia

Wer ist von einem Ulcus cruris betroffen und wie häufig tritt es auf?

Die Prävalenz des Ulcus cruris beträgt in Deutschland etwa 0,5 - 1 Prozent. Mit anderen Worten leiden 50-100 von 1000 Menschen in Deutschland an einem Ulcus cruris, insgesamt sind deutschlandweit rund 80.000 Menschen betroffen.

Die Krankheitswahrscheinlichkeit ist stark altersabhängig und steigt ab dem 70. Lebensjahr auf etwa 2,5 Prozent an. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Während dieses Problem am Bein vor dem 40. Lebensjahr kaum vorkommt, steigt die Rate der Betroffenen vor allem ab dem 80. Lebensjahr an.

Was sind die Ursachen für ein Ulcus cruris?

Die Ursachen für das nicht-abheilen der Wunde sind unterschiedlich. Oft liegen krankhafte Veränderungen der Schlagadern (Arterien) und/oder Venen zugrunde. Aber auch Entzündungen der großen sowie kleinen Gefäße bzw. eine bakterielle Besiedelung können ursächlich für ein Ulcus sein.

Am häufigsten tritt die Erkrankung im Bereich des Unterschenkels oberhalb des Knöchels auf. Große Ulcera, die auf der Innenseite befindlich sind, habe meistens eine venöse Genese, vor allem bei Krampfadern oder nach Thrombosen. In diesen Fällen ist das Ulcus cruris Folge einer chronisch-venösen Insuffizienz (CVI) und wird Ulcus cruris venosum bezeichnet.

Wenn die Wunden auf der Außenseite des Unterschenkels liegen, sind meistens die Schlagadern (Arterien) ursächlich. Hier ist insbesondere die arterielle Verschlußkrankheit (AVK) zu nennen. Durch die Gefäßverkalkung (Arteriosklerose) kommt es hierbei zu Engstellen oder Verschlüssen, weshalb eine Verschlechterung der Gewebedurchblutung und Herabsetzung der Versorgung mit Sauerstoff entsteht. Hier spricht man von einem Ulcus cruris.

Was sind die Symptome von Ulcus Cruris?

Der Defekt im Gewebe äußert sich meist als schmerzende Wunde, die nur eine geringe Heilungstendenz aufweist.

Als erstes sichtbares Zeichen ist bei einem Ulcus cruris venosum eine verstärkte Pigmentierung (Braunfärbung der Haut) erkennbar. Das kommt daher, dass Blutzellen infolge des erhöhten Drucks in den Venen durch die Gefäßwände in das angrenzende Gewebe gedrückt werden. Dort zerfallen sie und werden als Braunfärbung sichtbar.

Parallel kann es zur Gelbfärbung der Haut sowie einer sogenannten Atrophie blanche (weißliche, verdünnte Hautareale) kommen. Zudem sind die für Venenschwäche charakteristischen, spinnenwebsartigen Gefäßzeichnungen (Corona phlebectatica) am Innenknöchel zu erkennen.

Frühform einer Ulcus cruris

Die Braunfärbung der Haut ist eines der ersten Anzeichen für einen Ulcus Cruris Venosum © Andrew | AdobeStock

Aufgrund der venösen Abflussstörung können die Stoffwechselabbauprodukte nicht mehr abtransportiert werden. Dadurch sterben die Hautzellen ab (Nekrosen) und Risse und kleine Verletzungen entstehen. 

Auf dem Boden des stark beeinträchtigten Gewebes bilden sich nun geschwürartige, schlecht heilende und oftmals schmerzhafte Wunden. Die Geschwüre sind zunächst kleinflächig, wachsen aber unbehandelt schnell zu großflächigen, den gesamten Unterschenkel betreffenden Geschwüren an.

Ein Ulcus cruris arteriosum beginnt mit einem Gefäßverschluss. Dieser führt zu einer Ischämie (Mangeldurchblutung) des Gewebes sowie einem Gewebeuntergang mit Ulzerationen.

Mit fortschreitendem Erkrankungsstadium setzt Schmerz unter Bewegung (Claudicatio Intermittens) immer früher ein. Später ist er selbst bei Ruhe und Hochlagerung spürbar. Die Füße und Beine sind kalt, blau und livide (fahl) verfärbt.

Ein Ulcus cruris arteriosum manifestiert sich verstärkt distal an Füßen, Zehen sowie Fersen. Arteriell bedingte Ulcera sind zudem klein und haben einen runden Umriss mit blassem Wundgrund, der oftmals mit Fibrin bedeckt ist.

Wie entsteht ein Ulcus Cruris?

Generell geht allen Formen des Ulcus cruris eine Minderdurchblutung des betroffenen Unterschenkelgewebes voraus. In Abhängigkeit von der zugrundeliegenden Ursache für diese Mangeldurchblutung werden verschiedene Erkrankungsformen unterschieden.

Ursächlich für die verminderte Durchblutung ist meistens eine venöse Insuffizienz, die angeboren oder erworben sein kann. Die Venenschwäche kann durch

bedingt sein.

Die Venenschwäche führt zu einem Rückstau in den Beinvenen. Die Venen erweitern sich aufgrund des Volumenanstiegs des Bluts und entwickeln Krampfadern. Es kommt zu Entzündungsvorgängen und gegebenenfalls zur Thrombenbildung. Der Rückstau bedingt zudem eine venöse Hypertonie (Bluthochdruck), der sukzessiv die Kapillaren zerstört. Kapillaren sind die kleinsten Blutgefäße, an denen der Nährstoff- und Gasaustausch stattfindet.

Im Knöchelbereich bilden sich Ödeme, also Gewebsschwellungen durch Flüssigkeitsansammlungen. Die Ödeme gehen im weiteren Verlauf in eine Dermatoliposklerose über. Dermatoliposklerose ist eine spürbare Verhärtung des Haut- und Unterhautgewebes. Diese Veränderungen bewirken eine Minderversorgung des betroffenen Gewebes mit Sauerstoff und Nährstoffen.

Ein Unterschenkelgeschwür ist daneben in etwa 10 Prozent der Fälle durch eine Arteriosklerose der unteren Extremitäten bedingt. Bei Arteriosklerose verengen sich die Arterien, was schließlich zu einem vollkommenen Verschluss des Gefäßes (periphere arterielle Verschlusskrankheit, pAVK) führen kann.

Darstellung von ulzerierter Haut
Ulzerierte Hautschicht © ilusmedical | AdobeStock

Oftmals liegt eine Mischform mit venöser und arterieller Ursache – ein Ulcus cruris mixtum – vor. Dieses wird durch ein kombiniertes Vorliegen von pAVK und CVI bedingt.

In etwa 10 Prozent der Fälle ist das Unterschenkelgeschwür

  • unfallbedingt (Ulcus cruris traumaticum) oder
  • auf eine Tumorerkrankung (Ulcus cruris neoplasticum),
  • eine Infektion (Ulcus cruris infectiosum) oder
  • eine systemische Erkrankung wie Rheuma (Ulcus cruris rheumaticum)

zurückführbar.

Wie wird Ulcus cruris untersucht?

Die Untersuchung erfolgt bei einem klassischen Ulcus cruris im Rahmen einer Blickdiagnose, also per Augenschein durch den Arzt. Wichtig für die Diagnose sind unter anderem auch die Veränderungen an der Umgebung.

Weitere Risikofaktoren, die zum Entstehen beitragen können, müssen dabei natürlich ausgeschlossen werden.

Üblich ist es, den Heilungsprozess des Ulcus cruris fotografisch zu dokumentieren. Sollte der Heilungsverlauf Besonderheiten aufweisen, werden gelegentlich auch Gewebeentnahmen durchgeführt, die anschließend bakteriologisch getestet werden.

Welche Behandlungsmethoden gibt es?

Die Lokaltherapie beginnt mit einer Wundreinigung. Dabei wird zunächst das nekrotische Gewebe unter örtlicher Betäubung entfernt. Hierbei wird versucht, ein zu starkes Ausdünnen der Unterschenkelfaszie (Debridement) zu vermeiden.

Ausgedehnte Nekrosen werden radikal chirurgisch entfernt. Bei dünnen nekrotischen Belägen erfolgt die Entfernung im Rahmen eines enzymatischen oder physikalischen Debridement.

Bei der Wundversorgung kommen besondere Wundauflagen zum Einsatz, etwa

  • Hydrokolloide,
  • Hydrogele,
  • Alginate,
  • Polyurethanschaum.

Sie sorgen für ein feuchtes Wundmilieu und fördern die Wundheilung.

Bei einer venösen (und Ausschluss einer arteriellen) Ursache ist die Kompressionstherapie wichtigster Bestandteil der Behandlung eines Ulcus cruris. Dabei kommen Kompressionsstrümpfe und Kompressionsverbände zum Einsatz. Sie minimieren die venöse Stauungsproblematik und verbessern den gestörten Rückfluss.

Daneben wird regelmäßige Bewegung empfohlen, um die Venenklappen zu unterstützen und den Rückfluss des Blutes über die Wadenmuskelpumpe zu reduzieren. Venen, in denen der Rückstau besonders ausgeprägt ist, können im Rahmen eines Strippings entfernt, mit Laser verschlossen oder medikamentös verödet werden.

Bei einer arteriellen Ursache kann die Durchblutungssituation durch 

  • Medikamente zur Blutverdünnung oder 
  • Auflösung von Gerinnseln (Lyse) oder
  • einen gefäßchirurgischen Eingriff (Bypass-Operation, Ballondilatation)

verbessert werden.

Ein Ulcus cruris ist nicht nur ein Fall für den Dermatologen (Hautarzt). In Abhängigkeit von der zugrunde liegenden Ursache ist die Grunderkrankung zusätzlich von

zu behandeln.

Wie sind die Heilungschancen?

Bei konsequenter und frühzeitiger Behandlung heilt ein Ulcus cruris zumeist innerhalb weniger Monate wieder vollständig ab. Generell sind die Heilungschancen bei einem Ulcus cruris venosum besser als bei einem Ulcus cruris arteriosum.

Allerdings ist die Rezidivrate (Wiederauftreten) bei venös bedingten Unterschenkelgeschwüren bedeutend höher. Rezidiv bedeutet, dass sich die Erkrankung nach der Heilung erneut entwickelt. Hier wird zur Reduzierung des Rezidivrisikos empfohlen,

  • angepasste Kompressionsstrümpfe zu tragen,
  • die Beine hochzulagern und nicht übereinander zu schlagen sowie
  • die Arbeitshaltung zwischendurch durch abwechselndes Aufstehen und Hinsetzen zu ändern.

Wie kann man Ulcus Cruris vorbeugen?

Die Risikofaktoren eines Ulcus cruris sind

  • Rauchen
  • Übergewicht
  • ungesunde Ernährung
  • Bewegungsmangel
  • genetische Veranlagung
  • Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
  • hoher Blutduck (Hypertonie) sowie
  • erhöhte Blutfettwerte

Prophylaktisch wird deshalb empfohlen:

  • Verzicht auf Nikotinkonsum
  • Bewegung und regelmäßiger Sport
  • Gewichtsreduktion
  • gesunde und vielseitige Ernährung
  • regelmäßige Kontrolle der Füße und Beine
  • weiches und passendes Schuhwerk
  • Vermeidung von Verletzungen
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